Gewalt bei Neonaziaufmarsch

Erstveröffentlicht: 
05.04.2014

Linksradikale greifen in Wittenberge Polizisten an

Bei Protesten gegen einen Aufmarsch von rund 200 Neonazis in Wittenberge (Prignitz) ist es am Sonnabend zu Ausschreitungen gekommen. Mehrere hundert Menschen beteiligten sich aber friedlich an dem von der Stadt organisierten Bürgerfest "Schöner leben ohne Nazis".

 

Wittenberge. Beim „Spaziergang für Toleranz“, zu dem die demokratischen Parteien der Stadt eingeladen hatten, brach eine Gruppe linker Autonomer aus der der Menge der Spaziergänger aus und versuchte, die vorgegebene Route zu verlassen. Dabei stießen die Demonstranten mit Polizisten zusammen, die ihrerseits von den Schlagstöcken Gebrauch machten.

Für Aufsehen sorgte ein linker Demonstrant aus Niedersachsen, der nach Polizeiangaben versucht hatte, Bereitschaftspolizisten mit einer Fahnenstange anzugreifen. Mehrere Beamte überwältigten den schreienden Mann und entwanden ihm gewaltsam seien Fahne. Die von ihm lautstark artikulierten Verletzungen hätten sich im Nachhinein als kaum der Rede Wert erwiesen, sagte Polizeisprecher Toralf Reinhardt. Er wurde auf die Polizeiwache nach Perleberg gebracht.

Die Veranstalter der Gegendemonstration warfen dagegen der Polizei ein unverhältnismäßig aggressives Verhalten vor, es sei Pfefferspray eingesetzt worden.

 

An dem Neonazi-Aufmarsch im Stadtgebiet nahmen etwa 200 Rechtsextreme aus Nord- und Ostdeutschland teil - deutlich mehr als erwartet: Die Polizei hatte mit weniger als 100 Teilnehmern gerechnet. Die Rechtsextremen wollten auf den Bevölkerungsrückgang in der Region aufmerksam machen. Demo-Veranstalter waren die „Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland”, eine vom Verfassungsschutz beobachtete Gruppierung der freien Neonazi-Szene.

Die Polizei als Versammlungsbehörde änderte kurz darauf die Route und leitete die Demonstration ins Allende-Viertel, ein Plattenbaugebiet. Dort wurden die Reden und Parolen der Rechten von lautem Pfeifkonzert und Sprechchören der Gegendemonstranten übertönt. Zurück in de Perleberger Straße kam der rechte Aufzug endgültig zum Stehen.  Mehrere hundert Gegendemonstranten, darunter viele Politiker, zwangen die Neonazis zum Anhalten. Erst nach einer halben Stunde wurde der Aufzug zum Bahnhof umgeleitet, wo die Versammlung wenig später für beendet erklärt wurde. „Das ist ein toller Erfolg der demokratischen Kräfte“, sagte der Wittenberger Bürgermeister Oliver Hermann (parteilos). „Die  Nazis wurden gestoppt und haben gesehen, dass sie hier unerwünscht sind“. Gleichzeitig distanzierte er sich von Gewalttätern gleich welcher politischen Richtung. In der Stadt selbst feierten Bürger, Vereine und Institutionen ein Bürgerfest für Toleranz.

Ab 20 Uhr ist eine Menschenkette um das Rathaus geplant.

700 Polizeibeamte und zusätzliche Hundertschaften der Bereitschaftspolizei sorgten für Sicherheit.

Von Andreas König (mit dpa)

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