[B] Amadeus Hostel in die Spree

Auf der Suche nach billiger Arbeitskraft

Bericht über eine Selbstorganisation. Seit mehreren Monaten treffen sich regelmäßig Angestellte des Amadeus Hostel (Berlin Mitte), um sich gegen ihren Arbeitgeber zu organisieren. Die Bedingungen in diesem Hostel reichen von Lohndumping (teilweise Stundenlöhne unter einem Euro) bis hin zu offenem Rassismus.


Das Hostel Amadeus liegt zwischen Gesundbrunnen und Bernauer Straße und somit in unmittelbarer Nähe zur Gedenkstätte Berliner Mauer, einem der Hotspots der Berliner Tourismusindustrie. Zwar wirkt der nördliche Teil der Berliner Brunnenstraße mit seinen grauen 70iger Jahren Betonklötzen so ganz und gar nicht wie die Hochglanzbroschüren des Berliner Tourismusverbandes die durchgentrifizierte Mitte gerne anpreist. Doch laufen auch hier die Geschäfte prächtig und die Betten sind zuweilen (Bsp. Sylvester) komplett ausgebucht. Das die ca. ein dutzend Angestellten des Hostels nicht ein großes Stück vom Kuchen abbekommen, wäre kaum der Erwähnung wert, denn schließlich handelts sich um Lohnarbeit. Allerdings spotten die Arbeitsbedingungen dieser Klitsche jeder Beschreibung.

 

Ein ehemaliger Angestellter berichtet von seinem Arbeitstag. "Ich arbeitete täglich ca. 8 Stunden an 6 Tagen die Woche, wobei mir eine Stunde nicht bezahlt wurde, da dies meine Pause war. Ich war vertraglich verpflichtet während der Pause das Hostel nicht zu verlassen. Am Monatsende erhielt ich für die Arbeit 100€." Dabei ist dies kein Einzelfall, eine größere Gruppe ehemaliger Angestellter berichtet über ähnliche Bedingungen. Kennzeichnend ist, dass alle Angestellte gerade nach Deutschland kamen und die Arbeit über englischsprachige Anzeigen im Internet fanden. Die Menschen bekamen meist Praktikumsverträge ausgestellt mit Fantasieformulierungen wie „Der Arbeitnehmer verpflichtet sich für den Fall, dass er das Arbeitsverhältnis nicht antritt oder das Arbeitsverhältnis vertragswidrig beendet, dem Arbeitgeber eine Vertragsstrafe in Höhe von 1000€ […] zu zahlen.“ Allerdings währten die meisten Arbeitsverhältnisse kaum länger als 2 Monate, nach denen ein vorgeschobener Grund (Bsp. Fragen nach Urlaub) zur sofortigen Kündigung führte. Noch ausstehende Lohnzahlungen wurden nicht nachgezahlt. Da einige der Angestellten darauf angewiesen waren selbst im Hostel zu schlafen, verloren sie mit der Kündigung zugleich ihre Wohnung. Neben den fatalen Arbeitsbedingungen, wurden und werden die Angestellten gezwungen rassistische Vorgaben umzusetzen. So weist ein Schild hinter der Rezeption darauf hin, dass keine Menschen aus Bulgarien Rumänien und Israel aufgenommen werden dürfen.

 

Trotz der schwierigen sozialen Lage ist es den ehemaligen Angestellten gelungen, regelmäßige Treffen abzuhalten. Bei den Treffen standen zu Beginn vor allem arbeitsrechtliche Fragen und die Probleme mit den Berliner Jobcentern im Vordergrund. Doch bereits seit dem ersten Treffen vor ca. 2 Monaten war klar, dass es öffentliche Aktionen geben sollte. Zum einen sollen die konkreten Arbeitsbedingungen des Amadeus Hostel bekannt gemacht werden, zum anderen aber auch der Fokus auf die Situation der Migrant_innen in dieser Stadt und ihren Arbeitsbedingungen gerichtet werden. Hier gehören Löhne weit unter 5 Euro mittlerweile zur Regel und Arbeitsverträge werden oft gar nicht erst ausgestellt. Verlieren diese Menschen die beschissenen Jobs und wenden sich an die Jobcenter, werden sie mit einer deutschen Stammtischmentalität konfrontiert, die ihnen jeden Leistungsanspruch von Beginn an abspricht. Oft müssen die Betroffenen bis zum Sozialgericht ziehen um ihre Ansprüche durchzusetzen.

 

Aus diesen Gründen veranstaltet die Initiative zur Solidarität mit den Amadeus Angestellten am Samstag um 15 Uhr eine Kundgebung direkt vor dem Hostel unter dem Motto:

Für euch ist es Urlaub, für uns ist es Aubeutung – for you it's holiday, for us it's exploitation“

 

Kundgebung am Samstag 15 Uhr, Brunnenstraße 70 direkt U8 Voltastraße

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Habt ihr euch schon mal an die FAU Berlin gewandt?

 

https://berlin.fau.org/ bzw. https://berlin.fau.org/strukturen/foreigners