Interview: Zwangsräumung blockieren auch in Köln

Pasteup am AZ Köln
Am Donnerstag den 20. Februar soll Kalle im Kölner Agnesviertel zwangsgeräumt werden. Der neue Eigentümer hat ihm wegen „Eigenbedarf“ gekündigt, sobald er dann raus ist, soll die Wohnung dann auf Wohnungsmarkt geworfen werden – natürlich erst nachdem sie schick renoviert und saniert wurde. Seit ende 2013 macht deshalb die Kölner Recht auf Stadt Initiative gegen eine drohende Zwangsräumung im Kölner Agnesviertel mobil und ruft dazu auf die Zwangsräumung zu blockieren.
Die Düsseldorfer Gruppe i Furiosi hat in der aktuellen Ausgabe der Stadtzeitung Terz ein Interview mit Peter von der Kampagne „Alle für Kalle!“ geführt um mehr über die geplanten Gegenaktivitäten und die Situation in Köln zu erfahren.
i furiosi: Hallo Peter, bevor wir über eure Kampagne sprechen, könntest du uns etwas zur Wohnraumpolitik der Stadt Köln sagen?

 

Peter („Alle für Kalle!“): In Köln sieht es ähnlich aus wie in anderen Großstädten, bezahlbarer Wohnraum ist kaum noch vorhanden und die Preispirale dreht sich weiter. Hier in Köln eine preiswerte Wohnung zu finden, ist fast so aussichtslos wie ein Lottogewinn. Die Mieten explodieren und haben die 10 Euro/qm2-Marke inzwischen weit hinter sich gelassen. Häuser werden entmietet, um sie nach der Sanierung zu horrenden Preisen neu zu vermieten. Es gibt Leute, die kaufen Wohnungen und werfen die alten Mieter*innen bei Bedarf eiskalt raus, denn „Eigentum hat Vorfahrt“. Aber an mehren Orten der Stadt regt sich Widerstand.

 

i furiosi: Wie sehen denn eure Kämpfe gegen diesen Mietenwahnsinn aus?

 

Peter („Alle für Kalle!“): In Köln hat sich letztes Jahr die „Recht auf Stadt“-Initiative gegründet. Ziel ist es, Stadteilinitiativen zu vernetzen, Widerstand gegen steigende Mieten zu organisieren und eine Wohnraumpolitik von unten zu machen. Dabei geht es uns nicht nur um bezahlbaren Wohnraum, wir wollen uns gegen den neoliberalen Ausverkauf der „Ware“ Stadt wehren und kämpfen gleichzeitig für den Erhalt von Freiräumen wie das Autonome Zentrum. Mit dem Bündnis haben wir schon zahlreiche Aktionen gemacht und Veranstaltungen organisiert, letztes Wochenende fand z. B. ein ganzes Aktionswochenende unter dem Motto „Wohnraum für alle“ statt. Wir haben aber auch schon gegen eine Luxusgala protestiert. Aktuell beschäftigen wir uns mit der Zwangsräumung von Kalle im Agnesviertel.

 

ifuriosi: Eure Kampagne „Alle für Kalle“ hat sich ja zum Ziel gesetzt, diese Zwangsräumg zu verhindern. Kannst du uns kurz die Situation von Kalle erläutern?

 

Peter („Alle für Kalle!“): Der Mieter Kalle wohnt im Kölner Agnesviertel, ein komplett gentrifiziertes Altbauviertel, in dem es nur noch hochpreisigen Wohnraum gibt. Kalle wohnt in einer Dachgeschosswohnung, welche einem Immobilienmakler der Kölner Firma Objekt-Design gehört Die Wohnung wird von dem Besitzer schon jahrelang vernachlässigt. Nun wurde Kalle gekündigt, seine Dachgeschosswohnung soll kernsaniert werden und den Mietpreisen im Viertel angepasst werden. Kündigungsgrund ist angeblicher Eigenbedarf – vorgeschoben, da die Wohnung schon öffentlich zum Verkauf angeboten wurde. Damit ist klar, dass Kalle sich die Wohnung nicht mehr leisten kann und das Viertel, in dem er seit 30 Jahren wohnt, verlassen muss.

 

i furiosi: Kalle hat inzwischen einen Termin für eine Zwangsräumung erhalten. Was sind da eure nächsten Schritte?


Peter („Alle für Kalle!“): Genau, der Termin für die Zwangsräumung ist von dem Gerichtsvollzieher auf den 20. Februar gesetzt. Kalle erfährt aber breite Unterstützung und Solidarität von Nachbar*innen im Viertel. Es gibt eine große Bereitschaft von Unterstützer*innen, mit Sitzblockaden diese Zwangsräumung zu verhindern. Es gibt bereits positive Beispiele aus anderen Städten, wie z. B. Berlin, wo dies schon gelungen ist. Die Presse ist bereits informiert und hat schon mehrmals über Kalles Situation berichtet. Es sind auch schon einige Aktionen gelaufen, es gab z. B. Kundgebungen im Viertel. Und andere solidarische Menschen haben sogar direkt das Immobilienbüro von Objekt-Design besucht und den Entmieter mit seiner miesen Geschäftspraxis konfrontiert. Wir sind zuversichtlich, dass es uns am 20. Februar gelingen wird, die Zwangsräumung zu verhindern. Wir hoffen, dass wir viele werden und auch auf eure Unterstützung!

 

i furiosi: … vielen Dank und immer in Bewegung bleiben!

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Lässt sich denn durch die Tatsache, dass die Wohnung bereits öffentlich zum Verkauf angeboten wird, der genannte Kündigungsgrund des "Eiegenbedarfs" nicht juristisch anfechten? Eigenbedarf ist ja nun im deutschen Mietrecht einer der wenigen Gründe, weswegen Vermieter Mieter effektiv vor die Tür setzen können. Aber dieser Grund ist ja hier ganz offensichtlich nicht gegeben.

Und außerdem: Wie kann eine Immobilienfirma Eigenbedarf haben? Richten die sich dann da ein Büro im Dachgeschoss ein, oder was?

 

ALLE FÜR KALLE!!!

1. Juristisch hat Kalle alle Möglichkeiten ausgeschöft und ist in der zweiten Instanz gescheitert. Da der Entmieter Marco Hausschild  auch als Markler aktiv ist, hat er behauptet, das mit Kalles Wohnung sei nur ein Scheinangebot um Kunden zu ködern, aber gar nicht ernst gemeint. Mit vielen Zeugen aus seinem Bekanntenkreis hat er versucht zu untermauern, dass er wirklich dort wohnen wolle.

 

2. Die Immobilienfirma hat nicht selbst Eigenbedarf angemeldet, sondern über den Angestellten Marco Hausschild für Fontanestr. 5 (und über den Chef Egger für Fontanestr. 3). Die offizielle Begründung war: "wir sind Freunde und wollen nebeneinander wohnen" Egger ist natürlich nie dort eingezogen und hat die Wohnung (Fonantestr. 3) stattdessen saniert und verkauft...