Gefahr von Rechts - Heilbronns BM Mergel fordert härteres Vorgehen

Erstveröffentlicht: 
14.11.2011

Von Carsten Friese

Heilbronn - Die verhöhnenden Videosequenzen der mutmaßlichen Serienmörder aus Zwickau zeigen auch Szenen aus Heilbronn. Unter dem Namen „Paulchens neue Streiche“ haben die Neonazis auf dem Clip Bilder vom Tatort des Polizistenmords auf der Theresienwiese, von der Beerdigung der erschossenen Michéle Kiesewetter und einem Trauerzug der Polizei zu einer Collage arrangiert. Es ist ein Zeugnis zynischer Menschenverachtung.

 

Die politische Diskussion um eine unterschätzte Gefahr von Rechts wird bundesweit lauter. Wie die rechte Szene in der Region Heilbronn aussieht, ist nach Angaben von Kripo-Chef Volker Rittenauer der Polizei bekannt. Es gebe die NPD, die nicht allzu stark sei, dazu nicht-strukturierte Grüppchen von drei bis fünf Personen. Es seien „weit unter 50“, die in irgendeiner Form aktiv sind. Hinweise auf extreme Gewaltbereitschaft oder Gewaltanwendungsgedanken gegen Menschen lägen Ermittlern nicht vor.

 

Unter Kontrolle


Ob man härter vorgehen soll, sei eine politische Entscheidung, sagt der Kripo-Chef. Die Polizei nutze die bestehenden Gesetze aus. Wenn man mehr wolle, müsse man die Befugnisse erweitern – zum Beispiel bei der Vorratsdatenspeicherung. In der Region sieht er die Polizei gut aufgestellt, die Personen überprüfe und auch verdeckt beobachte. „Wir glauben, die Gruppen flächendeckend unter Kontrolle zu haben. Wir haben auch nach rechts die Augen offen.“

Größere Verfahren gegen eine aktive rechte Szene oder eine Zunahme der Fälle hat es laut Staatsanwaltschaft in den letzten Jahren in unserer Region nicht gegeben. Es seien eher Einzelpersonen, die Hakenkreuze schmieren oder „Heil Hitler“ rufen, stellt Leiter Frank Rebmann fest.

Die neue Dimension der mutmaßlichen Serienmörder aus Sachsen erschüttert auch den Leitenden Oberstaatsanwaltschaft. „Mit so etwas hat man nicht gerechnet.“ Dies werfe ein neues Licht auf die rechtsextreme Szene und zeige, „zu welchen Taten sie in der Lage sind“. Er hält die aktuelle Kritik an den Landesbehörden für nicht gerechtfertigt. Weil es „ungemein schwer“ sei, über eine kleine Zelle von drei oder vier konspirativ agierenden Gewalttätern Kenntnisse zu erlangen.

 

Hinsehen


Ob Einsatzkonzepte gegen Rechts nun dringend verändert werden müssen, will Rebmann nicht bewerten. Verfassungsschutz und Polizeibehörden seien für Kontrolle und Prävention zuständig. Diese würden ihre Konzepte sicher überprüfen im Hinblick darauf, derartige Verbrechen künftig zu verhindern.

Heilbronns Ordnungsbürgermeister Harry Mergel sieht den Staat in der Pflicht, jetzt „viel massiver gegen rechtsextremistische Erscheinungen vorzugehen“. Parteiverbote, stärkere Beobachtungen, das Untersagen von Demos, nennt er als Beispiele. Er verstand noch nie, „was daran demokratisch sein soll, eine Ideologie zu schützen, die andere Menschen als minderwertig betrachtet“. Auch in der Region erwartet er, dass Staatsorgane „künftig noch genauer hinsehen“.