[DO-Nordstadt]: Chauvinistische und rassistische Stimmungsmache im Vorfeld der Straßenstrichräumung

Erstveröffentlicht: 
12.05.2011

Wenn die Argumente fehlen...

 

Der Straßenstrich in der Nordstadt wird zum 16. Mai (pünktlich nach der BVB-Meisterfeier) geschlossen. Aus diesem Grund hat die Stadt Dortmund in Zusammenarbeit mit Polizei, Ordnungs- und diversen anderen Ämtern eine Task Force gegründet um im Krisengebiet “an sieben Tagen in der Woche und nahezu rund um die Uhr Präsent” zu sein. Das momentan schon unerträglich hohe Aufgebot von Polizei, dem dem Ordnungsamt unterstellten Ordnungs- und Präsenzdienst und anderen Sicherheitskräften wird zu diesem Zweck noch einmal um rund 200 Beamt*innen erhöht.

 

Die Mär vom “eisernen Besen”

 

Der vorgebliche Grund des Einsatzes, der landesweit bekannte Straßenstrich, stellte ein Musterprojekt der integrierenden Sozialarbeit dar und setzte den wirklich untragbaren Verhältnissen, welche davor herrschten, ein Ende. Dass davon nun niemand mehr etwas wissen will verwundert nicht wirklich, wird doch in den letzten Monaten massiv gegen die Nordstadt Stimmung gemacht. Diese Politik des “eisernen Besens” (über den Ursprung dieses Bildes mal bei Wikipedia lesen) reiht sich nahtlos ein in die seit der erfolgreichen Kulturhauptstadt Ruhr.2010-Bewerbung gefahrene Aufwertungs- und Verdrängungspolitik. Der Schluss, dass die Stadt die Mitte 2009 von den Nordstadteltern aufgeworfene Debatte um den Straßenstrich als willkommenen Anlass nahm endlich mal ein Großreinemachen in ihrem “Problembezirk” zu veranstalten, liegt nahe.

Um den Menschen aus Rest-Dortmund diese Ordnungspolitischen Maßnahmen auch vermittelbar zu machen (stellt sich die Frage, ob das bei dem Image, welches die Nordstadt hat überhaupt nötig war), sprangen die Printmedien von WAZ bis RN der Stadt als willfährige Helfer*innen bei und starteten eine beispiellose Schmutzkampagne, bei deren Revue es einen nur noch ekelt. Schlagzeilen wie “Warme Tage locken Roma nach Dortmund”, “Stadt räumt Ekelhäuser in der Nordstadt” oder Pressemitteilungen wie diese waren und sind nach wie vor an der Tagesordnung. Und so drehte sich auch die Debatte des Straßenstrichs hauptsächlich um den Wertverfall der angrenzenden Immobilien, bulgarische Huren, welche deutsche Männer verführen und auf Staatskosten abtreiben, sowie den allgemeinen Moral- und Werteverfall.

 

“Guck mal da Mutti, ein Pferd!”

 

Dass es den Nordstadteltern dabei zuvorderst um ihre Kinder geht, glauben vermutlich nicht einmal sie selbst. Hausbesitzer*innen und Möchtegern Law-and-Order Haudegen wie sie sind, stehen die Nordstadteltern stets an vorderster Front der Kämpfer*innen für eine saubere und sichere Nordstadt. Schulter an Schulter mit Polizeipräsident Hans Schulze, über hundert Beamt*innen in Uniform und Zivil sowie mehreren Polizeireiter*innen.

All die angesprochenen Probleme haben auch Ursachen, jedoch wird dies häufig ausgeblendet und wenn sie thematisiert werden, dann in Kommentaren, deren Autor*innen sich für unglaublich Weltklug halten und über die letzte Osterweiterung der EU herziehen, ohne die “wir” von “den Zigeunern” verschont geblieben wären.

 

Verdrängung in die Illegalität

 

Doch alles Jammern hilft nichts. Die Sperrzone wird durchgesetzt werden. Und um dem bunten Treiben Einhalt zu gewähren werden auch gleich Wettbüros, welche ja sowieso im Verdacht stehen, Geldwäscheläden zu sein, Gaststätten und sogar “marode Häuser” mitkontrolliert. Um die Menschen, welche hier leben und arbeiten und deren Probleme kümmert sich indes keiner, denn sie stehen ja auch dem Aufwertungsinteresse entgegen. Die Sexarbeiter*innen vom Straßenstrich werden in die Illegalität gedrängt (auch wenn sie zum Amt gehen könnten, wird diese Möglichkeit voraussichtlich eher wenig frequentiert) und sind somit wieder sklaventreiberischen Zuhältern, gewalttätigen Freiern und der Angst immer von der nächsten Polizeistreife mitgenommen zu werden ausgeliefert.