KEHL taz | Die AfD will vieles anders machen als die von ihnen sogenannten „Kartell-Parteien“. Beim Landesparteitag am kommenden Wochenende in Kehl wird das gelingen. Während man den Grünen-Parteitag am gleichen Wochenende per Livestream verfolgen kann, ist bei der AfD die Presse ausgeschlossen. Das teilte der Parteivorstand am Mittwoch mit.
Mit der Entscheidung soll eine „voreingenommene Berichterstattung“ unterbunden werden, heißt es. Parteichef Jörg Meuthen kritisierte diese Entscheidung, wenn auch wie üblich sehr vorsichtig: „Ich hätte sicherlich anders votiert“, kommentierte er die Entscheidung des Landesvorstands.
Das Presseverbot zeigt zweierlei: Offenbar hat der Bundesvorsitzende Meuthen seit seinem Rücktritt aus dem Vorstand immer weniger Einfluss auf die Landespartei. Und die Parteiführung hatte offenbar Angst vor der eigenen Basis. Denn es sind nicht Delegierte, die die Kandidaten für die Bundestagswahl wählen. Bei der „Aufstellungsversammlung“ in Kehl ist jedes Mitglied stimmberechtigt.
Außerdem fürchtet sich der Landesvorsitzende Lothar Maier offenbar auch vor einigen der Listen-Kandidaten. Darunter seien zahlreiche Bewerber mit „abstrusen Ansichten“, sagt Maier. Es sei zu befürchten, dass die Medien solche Äußerungen hervorheben würden.
Breites Spektrum
Die Sorge ist nicht unbegründet: 118 Kandidaten streben – nach Kandidatenselbstdarstellungen, die der taz vorliegen – eine Bundestagskandidatur an. Sie bieten ein breites Spektrum: Viele von ihnen waren nach eigenen Auskünften zuvor bei den „Republikanern“, dem „Bund freier Bürger“, „Die Freiheit“, aber auch bei etablierten Parteien von CSU bis Jusos. Auf die Landesliste möchte etwa auch Thomas Gruber. Per E-Mail, die der taz vorliegt, hat er 2011 zu einem Nahkampftraining mit Grillen zu sich nach Hause geladen. Waffen und Steaks sollten mitgebracht werden.
Bemüht zurückhaltend stellt sich Markus Frohnmaier in der Selbstdarstellung vor. Er ist Sprecher der Bundesvorsitzenden Frauke Petry und Bundesvorsitzender der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative (JA). In der extrem rechten Zuerst! ließ er sich unlängst sehr persönlich porträtieren.
Der baden-württembergische Vorsitzende der JA, Moritz Brodbeck, der der „Indentitären Bewegung“ nahesteht, greift in seinem Bewerbungstext die Arbeit der Landtagsfraktion um Jörg Meuthen an. Er halte nicht alle Landtagsabgeordnete politisch und charakterlich für fähig. Er selbst hätte aber das nötige „Rüstzeug“.
Offener Machtkampf zwischen den Strömungen
In dieser unübersichtlichen Lage ist nicht einmal klar, ob es Alice Weidel, die neben Meuthen das prominenteste Gesicht der Südwest-AfD ist, auf den ersten Listenplatz schafft. Die ehemalige Unternehmensberaterin, die in einer lesbischen Beziehung lebt, wird vom Landtagsabgeordneten Stefan Räpple auf Facebook geschmäht.
Im Vorfeld des Nominierungsparteitags ist zudem ein offener Machtkampf zwischen den verschiedenen Strömungen ausgebrochen. In Mannheim wurde vergangene Woche der gesamte Vorstand des Ortsverbands durch das AfD-Landesschiedsgericht abgesetzt. Offiziell geht es um die Frage, ob der Ortsverein zur Wahl des Vorstands angemessen eingeladen hatte. Tatsächlich geht es wohl eher um gute Listenplätze.
Außerdem hat sich „der Flügel“, eine Gruppierung rechts außen um den thüringischen Landesvorsitzenden Björn Höcke, eine eigene Kandidatenliste aufgestellt.