Vortrag mit Michael Sturm
Für die extreme Rechte in Deutschland spielt der Umgang mit „Geschichte“ eine wichtige Rolle. Der historische Nationalsozialismus bildet in diesem Kontext nach wie vor einen zentralen Bezugspunkt. Die Verbrechen des NS-Regimes werden entweder geleugnet oder stark relativiert. Das Gedenken an die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung wird als „Schuld-Kult“ diskreditiert. Darüber hinaus versuchen die AkteurInnen der extremen Rechten jedoch auch, eigene „Erinnerungsorte“ zu schaffen, die nicht nur topografische Orte, sondern auch Erzählungen, Mythen und spezifisch gedeutete Ereignisse umfassen können. Sie müssen sich nicht zwangsläufig auf den Nationalsozialismus beziehen und pendeln zwischen Opfererzählungen und heroisierenden Narrativen. Erinnerungsorte sollen eine identitätsstiftende, vergemeinschaftende Funktion erfüllen. Sie finden ihren Ausdruck in Inszenierungspraktiken wie etwa Aufmärschen und Kundgebungen, beispielsweise in Magdeburg, Dresden und Bad Nenndorf, sie spiegeln sich aber auch in unter den AkteurInnen der extremen Rechten ständig abrufbaren Themen und Begriffen.
Der
Vortrag beleuchtet die Argumentationsmuster sowie die in die Szene
hineinwirkende strategische und identitätsstiftende Bedeutung extrem
rechter Geschichtspolitik. Zudem soll aber auch die Frage diskutiert
werden, ob und in welchem Maße die Erinnerungsorte der extremen
Rechten anschlussfähig sind zu geschichts- und
erinnerungskulturellen Debatten und Deutungsmustern in der „Mitte
der Gesellschaft“.
Michael Sturm ist Historiker und pädagogisch-wissenschaftlicher Mitarbeiter im Geschichtsort Villa ten Hompel, Münster
Dienstag, 26.01. 20 Uhr im Hörsaal des CNMS Deutschhausstraße 12
Veranstalterin Zeitgeschichtliche Dokumentationsstelle Marburg