Kommentar Nazis und Waffen: Hochgefährliche Waffennarren

Erstveröffentlicht: 
29.07.2015

In Kassel bietet ein Neonazi Waffen zum Kauf. Der Fall zeigt: Rechtsextreme lassen auch nach dem NSU nicht von Waffen. Die Szene bleibt explosiv.

 

Kommentar von Konrad Litschko, Redaktion Inland

 

Es kann niemand ernsthaft geglaubt haben, dass mit dem Auffliegen des NSU-Trios die rechtsterroristische Gefahr gebannt wäre. Aber wer mal wieder einen Beweis suchte, kann derzeit nach Süddeutschland schauen. Dort soll, wenn sich die Angaben bestätigen, ein Neonazi bei einem Gesinnungsgenossen zwei Pistolen bestellt haben – mit Aussicht auf „mehr“, wenn der Deal klappt.

 

Der Fall zeigt einmal mehr: Die rechte Szene kann von Waffen nicht lassen. Von Einzelfällen braucht hier niemand reden. In Norddeutschland ging die Bundesanwaltschaft gegen ein Werwolf-Kommando vor, deren mutmaßlicher Anführer derzeit eine zwölfjährige Haftstrafe absitzt, weil er einen Mann niedergeschossen hat. In NRW stießen Ermittler beim Verbot von drei der aktivsten Kameradschaften auf Pistolen, ein Gewehr und mehrere hundert Schuss scharfe Munition.

 

Im Ausland sollen deutsche Neonazis laut Sicherheitsbehörden im letzten Jahr mehrere Schießübungen absolviert haben. Und erst jüngst nahm die Bundesanwaltschaft die „Oldschool Society“ hoch, die nach Ansicht der Ermittler Anschläge auf Moscheen und Asylunterkünfte plante und dafür bereits illegale Pyrotechnik hortete.

 

All diese Fälle spielen nach dem Ende des NSU. Und es vergeht kaum eine Razzia gegen Rechtsextreme, die nicht mit Waffenfunden endet. Dieser Befund, gepaart mit einer Ideologie aus dumpfer Ablehnung aller Anderslebenden und archaischer Gewaltfaszination, schafft eine denkbar beunruhigende Melange. Die wird umso explosiver in Zeiten, in denen Ressentiments gegen Asylsuchende sich in immer weitere Teile der Gesellschaft schleichen, in der heute schon Flüchtlingsunterkünfte brennen und unverhohlen Gewaltfantasien im Internet durchgespielt werden. Allzu leicht könnten sich Neonazis in dieser Situation eingeladen fühlen, „zur Tat zu schreiten“ und gegen die vermeintliche „Überfremdung“ in den Kampf zu ziehen.

 

„Taten statt Worte“, gab sich der NSU als Leitspruch. In der rechten Szene gilt dies vielen bis heute. Es gibt keinerlei Grund zur Beruhigung.