Pegida darf am Sonntag in Villingen demonstrieren, Antifa bislang nicht

Erstveröffentlicht: 
17.04.2015

Die von OB Rupert Kubon untersagte Demonstration der islamfeindlichen Pegida am Sonntag auf dem Münsterplatz darf doch stattfinden. Das Verwaltungsgericht Freiburg hat das Verbot des Oberbürgermeisters gekippt. Die Antifa darf nach bisherigem Stand nicht demonstrieren. Der Verkaufssonntag findet statt, das Kinderprogramm wird auf den Platz an der Neuen Tonhalle verlegt.

 

Die von Kubon angeführten Sicherheitsbedenken wegen des gleichzeitig stattfindenden Einkaufssonntags mit Kinderolympiade hielten vor Gericht nicht stand. Die geplante und ebenfalls von Kubon verbotene Gegendemonstration der Antifa wird dagegen offenbar nicht stattfinden, die linken Gegendemonstranten hatten keinen Eilantrag beim Verwaltungsgericht gestellt. OB Kubon bestätigte, das Demonstrationsverbot gegen die extremen Linken nicht aufheben zu wollen. Allerdings könnte die Antifa nach Einschätzung des OB ebenfalls im Lauf des Wochenendes noch einen Eilantrag ans Verwaltungsgericht Freiburg stellen und damit ebenfalls eine Demonstrationserlaubnis erzwingen.

 

Zur Begründung des Beschlusses, das Demonstrationsverbot des VS-Stadtoberhaupts gegen den örtlichen Pegida-Ableger aufzuheben, führt die Pressstelle des Verwaltungsgerichts Freiburg wörtlich aus: Nach dem Versammlungsgesetz könne die zuständige Behörde eine Versammlung nur verbieten oder von Auflagen abhängig machen, wenn nach den erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet sei. Es müssten tatsächliche Anhaltspunkte beziehungsweise nachweisbare Tatsachen vorliegen, bloße Verdachtsmomente und Vermutungen reichten nicht. Für eine „unmittelbare Gefährdung“ der öffentlichen Sicherheit sei erforderlich, dass der Eintritt eines Schadens für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei. An einer solchen hinreichenden Gefahrenprognose fehle es hier, so das Gericht weiter.

 

Die Stadt Villingen-Schwenningen habe nicht vorgetragen, dass angesichts des Verlaufs der fünf vorangegangenen Demonstrationen der SBH-Gida sowie der Gegendemonstrationen eine Eskalation zu befürchten sei, die mit polizeilichen Mitteln nicht mehr beherrschbar sei. Sie habe insbesondere keine polizeilichen Erkenntnisse vorgelegt, die eine solche Befürchtung stützen würden. Im Übrigen müssten sich behördliche Maßnahmen bei Störungen der öffentlichen Sicherheit, insbesondere Gewalttaten, die lediglich von Gegendemonstrationen bzw. sonstigen Personen ausgehen, die sich gegen die Kundgebung wenden, primär gegen die störenden Gegendemonstrationen richten. Es sei Aufgabe der zum Schutz der rechtsstaatlichen Ordnung berufenen Polizei, in unparteiischer Weise auf die Verwirklichung des Versammlungsrechts hinzuwirken.

 

Dass – wie die Stadt vortrage – bei der Versammlung der Redner Michael Stürzenberger auftrete, der extrem islamfeindlich sei, rechtfertige ebenfalls kein Verbot. Die Stadt habe weder behauptet noch belegt, dass von diesem Redner Äußerungen von strafrechtlicher Relevanz zu erwarten seien. Erwartete Meinungsäußerungen könnten jedoch nur dann Anlass für Maßnahmen gegen eine Kundgebung sein, wenn sie einen Straftatbestand erfüllten.

 

Die Tatsache, dass am Sonntag, 19. April, verkaufsoffener Sonntag sei, führe ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung. Die Stadt habe keine polizeilichen Erkenntnisse vorgelegt, wonach der Veranstaltung konkrete Gefahren für die Besucher der Innenstadt drohten. Der Hinweis, dass nahe gelegene Geschäfte und Gaststätten bei der Veranstaltung durch Absperrungen wirtschaftlich beeinträchtigt würden, rechtfertige kein Verbot. Denn insoweit sei der Schutz der Meinungs- und Versammlungsfreiheit vorrangig, schreibt das Verwaltungsgericht abschließend.

 

Trotz der kurzfristigen Entscheidung ist die Polizei für Sonntag gerüstet. Unabhängig davon, ob die Versammlungen tatsächlich stattfinden werden, habe sich die Polizei auf die angemeldeten Versammlungen und auf den hohen Besucherandrang des verkaufsoffenen Sonntags eingestellt, teilte das Polizeipräsidium Tuttlingen mit. Aufgrund der nahezu störungsfreien Abläufe der zurückliegenden Versammlungen „werden aus polizeilicher Sicht die am Sonntag stattfindenden Versammlungen als friedlich eingestuft“.

 

Aufgrund zurückliegender Ereignisse, auch in anderen Städten, und der konträren Ausrichtung der Gruppen bestehe allerdings grundsätzlich ein gewisses Konfliktpotential. Das Polizeipräsidium Tuttlingen wolle mit eigenen und mit Kräften des „Polizeipräsidiums Einsatz“ aus Bruchsal und Göppingen erneut einen „reibungslosen Ablauf der Versammlungen und des Aufzugs“ gewährleisten. Insbesondere sollen wieder „Störungen der Versammlungen verhindert und die rechtskonforme Inanspruchnahme und Ausübung der Grundrechte aller Versammlungsteilnehmer gewährleistet werden“. Auch die Sicherheit der Bürger und die Besucher der Innenstadt solle durch die polizeilichen Maßnahmen garantiert werden. Des Weiteren solle die Beeinträchtigung von Besuchern des verkaufsoffenen Sonntags „auf das unabdingbare Maß“ reduziert werden, so die Polizei.

 

Der Einzelhandel hat ebenfalls rasch reagiert und am Freitagabend beschlossen, das Kinderprogramm zum verkaufsoffenen Sonntag komplett auf den Platz an der Neuen Tonhalle zu verlegen. Dort werden am Sonntag von 12 bis 18 Uhr unter anderem eine Kinderolympiade und ein Flohmarkt geboten – weit weg von allen möglichen Demonstrationszügen.