Karlsruher Richter lassen sich Zeit - und beim Bundesrat kommt Nervosität auf / Kläger sollen weitere Beweise vorlegen
Von Dieter Wonka
Berlin. Im laufenden NPD-Verbotsverfahren reagieren die Prozessvertreter des Bundesrates, die Juristen Christoph Möllers und Christian Waldhoff, mit "zunehmendem Unbehagen" auf die Verfahrensdauer beim Bundesverfassungsgericht. Zugleich will man neues Belastungsmaterial in Karlsruhe einreichen. Das geht nach Informationen dieser Zeitung aus einem Bericht des derzeit federführenden Landes Hessen an die Innenministerkonferenz hervor. Der Antrag war am 3. Dezember 2013 beim Bundesverfassungsgericht eingereicht worden.
Zur Verbesserung der Prozessaussichten wurden die
Verfassungsschutzbehörden der Länder aufgefordert, die bereits in
Karlsruhe eingereichte Materialsammlung "in jedem Falle" nochmals
fortzuschreiben und zu aktualisieren. Man gehe aber davon aus, dass sich
Karlsruhe "nicht auf Nickligkeiten zu Beweislastfragen" einlasse,
"sondern eine Grundsatzentscheidung (so oder so) darüber treffen wird,
ob das vorhandene Material für eine Fortsetzung des Verfahrens reicht
oder nicht".
Zuletzt hatte der NPD-Prozessvertreter Peter Richter in einem Schreiben
vom 4. März 2015 gegenüber den Karlsruher Richtern unter anderem das
Prozedere und die Verlässlichkeit beim Rückzug der V-Leute des
Verfassungsschutzes aus der Führungsebene der Partei problematisiert.
Richter gehört mittlerweile selbst als Beisitzer dem NPD-Bundesvorstand
an. Er erwähnt auch eine mögliche Beobachtung seiner Person durch den
Verfassungsschutz. Diese haben die Rechtsvertreter des Bundesrates
jedoch schriftlich ausgeschlossen: "Der Prozessvertreter der
Antragsgegnerin unterliegt keiner nachrichtendienstlichen Überwachung
durch Bund und Länder."
Ein erstes NPD-Verbotsverfahren, damals getragen von Bundestag,
Bundesrat und Bundesregierung, war am 18. März 2003 vom
Bundesverfassungsgericht eingestellt worden. Karlsruhe hatte bemängelt,
dass V-Leute des Verfassungsschutzes auch in der Führungsebene der
Partei tätig waren. Geprüft wurde seinerzeit nicht, ob es sich bei der
NPD um eine verfassungswidrige Partei handelt.
Als Folge des neuerlichen Verbots-Antrags hatten die Innenminister der
Bundesländer im Jahr 2012 vereinbart, sämtliche V-Leute aus der
Führungsebene der NPD abzuziehen.
Die Affäre um die Mordopfer des sogenannten Nationalsozialistischen
Untergrunds (NSU) hatte wesentlich zum zweiten Verbotsanlauf
beigetragen. Anders als früher scheiterte aber dieses Mal ein
gemeinsames Vorgehen von Bundesrat und Bundestag. Ein entsprechender
Antrag der SPD-Bundestagsfraktion fand keine Mehrheit in Bundestag. Zur
damaligen Zeit regierte im Bund eine Koalition von Union und FDP.