Pressemitteilung 21.09.09
Aktennotiz belegt: Gorleben-Kritiker wurde 1982 gemobbt
BI Umweltschutz: "Festlegung auf Gorleben wurde auf allen Ebenen manipuliert"
Das Bundesforschungsministerium übte bei der Erkundung des Salzstocks Gorleben zu Beginn der 80er Jahre auch Druck auf einen externen Gutachter
aus. Das berichtet die Frankfurter Rundschau in ihrer Online-Ausgabe (20.9.09). Der Kieler Quartärgeologe Klaus Duphorn wurde kalt gestellt, weil er nicht bereit war, die Eignungsaussage zu untermauern. Die Brisanz ergibt sich aus einer Aktennotiz aus dem Forschungsministerium, das bis zum Oktober 82 noch von Andreas von Bülow (SPD) geführt wurde.
Vor kurzem erst war ein Telex aus dem gleichen Ressort dokumentiert worden, das den Verdacht verhärtete, dass die Kohlregierung 1983 die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) gedrängt hatte, ihr Gorleben-Gutachten zu schönen. Heinz Riesenhuber als Amtsnachfolger von Bülows ließ schließlich den Gutachtervertrag mit Prof. Dr. Klaus Duphorn zum 31.12.82 auslaufen, um so zu verhindern, dass Zweifel an der Eignung des Salzstocks als Atommüllendlager dokumentiert würden. Im Laufe des Jahres 1982 wurde klar, dass der Kieler Quartärgeologe nicht das gewünschte Ergebnis ("Eignungshöffigkeit") liefern würde. Im Rahmen des Standortuntersuchungsprogramms musste sich das Ministerium mangels eigener geologischer Fachabteilung bei der federführenden Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) auf die Bundesanstalt für Geowissenschaften Rohstoffe (BGR) und externen Sachverstand stützen.
In einer Pressemitteilung des Bundesministeriums für Forschung und Technologie vom 15. Juli 1982 wurde schließlich dessen wissenschaftliche Reputation angegriffen. "Verschiedene Thesen" gingen aus Sicht des Ministeriums weit über seinen Arbeitsauftrag hinaus.
Duphorn selbst berichtet vor kurzem im Gespräch mit dem NDR-Inforadio, dass er dann im Oktober 1982 nach dem Regierungswechsel von PTB-Mitarbeitern in Kiel aufgesucht wurde, er sei aber nicht zur Änderung seiner Aussagen bereit gewesen. Nach dem Rauswurf habe er 30.000 Mark an den Auftraggeber zurück überwiesen und einen wissenschaftlichen Mitarbeiter aus eigener Tasche bezahlt, um das Gutachten dann in eigener Verantwortung fertig zu stellen.
Brisant ist, dass dieser Mobbing-Vorgang dokumentiert ist. Mit einem Deckblatt des Atomforums, darauf einem Eingangsvermerk des Forschungsministeriums vom 12.08.82 (!), wurden die Pressemitteilung des Forschungsministeriums und ein 6-seitiger Aktenvermerk Mitgliedern der sogenannten Gorleben-Kommission ausgehändigt. Der vollständige Text liegt der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) im bewegungseigenen Gorleben-Archiv vor. Der Aktenvermerk gipfelt in den Worten: "Eine Untersuchung von akademischem Interesse zu finanzieren, die ohne Relevanz für die Sicherheit eines Endlagers wäre, ist nicht Zweck der Standorterkundung."
Kommunalpolitiker wurden in diesem Gremium über den Fortgang in Sachen Gorleben auf dem Laufenden gehalten.
Pikanterie am Rande: Neben der PTB galt die Expertise der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) mit ihrem damaligen Leiter Dr. Helmut Venzlaff als wegweisend. Venzlaff war zu jener Zeit als Mitglied des Verwaltungsrates des Deutschen Atomforums zugleich mit der Gorleben-Begutachtung befasst.
"Hier schließen sich die Kreise einseitiger politischer Festlegung auf Gorleben, allen fachlichen Einwänden zum Trotz", konstatiert die BI. "Es sollte weder behördenintern wie bei der Schönung des PTB-Berichts noch durch externe Gutachter im Regierungsauftrag der Verdacht genährt werden, dass die Standortwahl allein politisch begründet war", sagte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. "Das entsprach dem Zeitgeist, das gleiche Kartell des Lügens und Verdrehens wie bei der Wahl und der "Begutachtung" der Asse II findet sich auch in Gorleben - mit dem Unterschied, dass zum Glück noch kein Atommüll in Gorleben endgelagert wurde."
Wolfgang Ehmke 0170 510 56 06
Das vollständige Dokument inklusive der Aktennotiz finden Sie auf unserer Homepage unter "Aktuelles".
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