Gemeinsam Arbeiterlieder singen: Genosse Arnold besinnt sich auf seine Wurzeln

Erstveröffentlicht: 
19.11.2013

Nett, dass so eine Kaffeerunde zusammengekommen ist“, hat der SPD-Bundestagsabgeordnete Rainer Arnold am Sonntagnachmittag gesagt und sich gefreut. Er richtet den Notenständer aus und stimmt die Gitarre. Im Obergeschoss der Volkshochschule Filderstadt haben sich etwa 30 Gäste eingefunden, um mit Rainer Arnold Arbeiter- und Freiheitslieder zu singen. Die Singstunde „Lieder von Frieden und Freiheit mit Rainer Arnold“ ist der krönende Abschluss der Ausstellung „150 Jahre deutsche Sozialdemokratie“. Die war für eine Woche im Treppenhaus der Volkshochschule Filderstadt zu sehen.

Arnold selbst hat die Lieder mitgebracht. Er hat sie zusammengestellt, zusammengeheftet und mit Seitenzahlen versehen. Nun werden die Blätter ausgeteilt – damit jeder Besucher die Texte aus voller Kehle mitsingen kann. Das Liedheft umfasst insgesamt 46 Lieder aus der Arbeiterbewegung. Mit dabei sind „Brüder zur Sonne“, das als eines der SPD-Parteilieder gilt, und auch „Die Moorsoldaten“, ein Lied aus der NS-Zeit, das die Häftlinge im Konzentrationslager Bürgermoor gesungen haben.

Rainer Arnold fordert die Besucher auf, die ersten Reihen zu belegen und bittet sie nach vorn. Jung und Alt sind gekommen, um mitzusingen. Für die nette Kaffeerunde sorgen auch Heißgetränke und Gebäck.

 

Jetzt wird es kämpferisch!

Arnold vergewissert sich noch einmal, ob die Gitarre richtig gestimmt ist. „Die ausgewählten Lieder – zumindest einige von ihnen – könnten etwas pathetisch rüberkommen“, sagt er. Doch man solle sie im Zusammenhang der Zeit und der damaligen Gesellschaft betrachten. So seien sie Ausdruck unverfälschter Gefühle von Menschen gewesen. Vor allem für solche, die weder lesen noch schreiben konnten, seien die Lieder von großer Bedeutung gewesen. Sie hätten das Gefühl von Zusammenhalt gegeben. „Denn zusammen ist man stark“ – dieser Leitspruch stecke ja hinter der Arbeiterbewegung. Und Arbeiterlieder zu singen, heiße auch die eigene Meinung zu vertreten. Das gelte für damals ebenso wie für heute. „Lieder sind eine besondere Art der Verständigung“, fügt Arnold hinzu.

Zum Einsingen schlägt er einen Titel vor, der allen bekannt sein dürfte: „Die Gedanken sind frei“. Ein leichter Einstieg, denn viele kennen den Text sogar auswendig und alle singen lauthals mit. „Und jetzt was Trauriges“, kündigt Arnold an. „Das Lied von Robert Blum“ wird gesungen. Daraufhin folgt das „Bürgerlied“.

 

Der Musiker und SPD-Politiker Arnold

Rainer Arnold spielt voller Energie auf seiner Gitarre. Nebenberuflich war der SPD-Politiker Musiker. Für seine Band „Butterflies“ hat er 20 Jahre auf das Schlagzeug getrommelt und Tanzmusik gemacht. Heute greift er lieber zur Klampfe und stimmt Freiheitslieder an. Sein rechtes Bein steht auf einer Kiste, damit er sein Instrument entspannt auf den Oberschenkel stützen kann. Der linke Fuß gibt den Takt vor. Zu jedem Lied erklärt Arnold die Hintergründe. „Ich bin ein Soldat, doch ich bin es nicht gerne“ passe beispielsweise zum Volkstrauertag an diesem Sonntag. Dieser Gedenktag soll an die Kriegsopfer aller Nationen erinnern – auch an die Soldaten.

„‚Der kleine Trompeter’ – das ist eigentlich eine Schnulze“, sagt Arnold. In der damaligen DDR habe dieses Lied jeder gekannt. „Doch genug der sanften Töne“, findet Arnold: „Jetzt werden wir ein bisschen kämpferisch! Lasst uns ,Dem Morgenrot entgegen’ singen!“

Nach einer Stunde gemeinsamen Musizierens wird noch das Partisanenlied „Bella Ciao“ in deutscher Sprache geschmettert. „Drum links, zwei drei. Drum links, zwei drei“. Arnold stimmt „die Einheitsfront“ an, und die „Moorsoldaten“ klingen noch lange nach.