"Wir sind noch in der Ausbauphase"

Das Kommando Rhino hat am Paula-Modersohn-Platz ein Wagenburg-Camp errichtet.
Erstveröffentlicht: 
24.08.2009

Nach dem Scheitern des Green-Business-Center-Projekts haben Mitglieder der linksalternativen Szene das bereits seit längerem besetzte Gelände am Eingang zum Stadtteil Vauban weiter in Beschlag genommen und für ihre Zwecke umgestaltet und ausgebaut. In den vergangenen drei Wochen ist auf dem Areal die Infrastruktur für eine Wagenburgkolonie entstanden. Die Stadt als Noch-Eigentümerin des Grundstücks duldet – bislang – das bunte Treiben.

 

Das Kommando Rhino hat am Paula-Modersohn-Platz ein Wagenburg-Camp errichtet.


Vor dem großen Schild, auf dem bis vor kurzem die Green-Business-Center-Idee präsentiert wurde, hängt ein Banner: "Grüner Kapitalismus ist eine Lüge". Ganz oben auf dem Schild thront ein Clown. "Kommando Rhino" – so der Name der Gruppe in Anlehnung an ein früheres Wagenburgprojekt in Genf – steht auf einem Briefkasten aus Holz. Das rund 1800 Quadratmeter große Areal haben die Besetzer in zwei Hälften geteilt: in einen Wohn- und einen für alle offenen Bereich, auf dem ein etwas wacklig anmutendes Zelt steht. Hier können Passanten das Gelände am Paula-Modersohn-Platz auf direktem Weg überqueren. "Noch sind Berührungsängste da, aber es lockert sich auf", sagt einer der Besetzer. "Das ist nicht gerade der schönste Platz mit den Straßen und der Bahn drumrum, aber wir kriegen Resonanz von den Leuten."
Die Stadt beobachtet erst einmal die Lage auf dem besetzten Gelände

Betritt man das mit Planen und Bastmatten umzäunte Wohngelände, steht man inmitten eines chaotisch anmutenden Camps: Auf dem staubtrockenen Boden liegen Teppiche, alte Sonnenschirme bieten stellenweise Schatten, auf den Stützen des Schilds ist eine Terrasse entstanden. In mehreren Ecken stehen ausrangierte Tische und Stühle, in einem alten Wohnwagen wurde ein provisorisches Café eingerichtet. Es gibt die "Unräum-Bar", wo man bei Bier und Bionade hocken kann und abends Filme gezeigt werden, außerdem einen Sandkasten, eine Hängematte und eine Gemeinschaftsküche, in der auf Mülltrennung geachtet wird. In vier alten Fahrzeugen, einem Wohn- und einem Bauwagen befinden sich Schlafplätze. Einige der Aktivisten schlafen zurzeit im Freien. Eine alte Badewanne ist mit Wasser gefüllt, eine Toilette ist in Planung, versichert einer der Besetzer, ein 26 Jahre alter Erzieher mit Rastalocken. "Wir sind noch in der Ausbauphase." Sogar über den Bau einer Halfpipe wird nachgedacht.

Zehn Menschen leben hier mittlerweile, begrenzt gibt es noch Platz für weitere Wagen. Unterstützung erfahren die Besetzer von der benachbarten "Selbstverwalteten unabhängigen Siedlungsinitiative" (Susi), hat eine Nachbarin beobachtet. Die Besetzer haben sich am 29. Juli, zwei Tage bevor die Green-Business-Center-Idee mangels Investor begraben wurde, auf dem Areal breitgemacht. Eine erste Gruppe hatte bereits im Mai ihr Camp aufgeschlagen. "Eine Besetzung funktioniert nur, wenn man richtig da wohnt", sagt der Mann mit den Rastalocken. Dass der Verkauf des städtischen Grundstücks an einen Investor Ende Juli geplatzt ist, kam den Besetzern zupass. Denn Stadtverwaltung und Freiburger Stadtbau – sie soll das Gelände für 1,1 Millionen Euro von der Stadt erwerben – müssen ein neues Konzept erarbeiten, die bauliche Gestaltung steht noch aus. Die Stadtbau will einen Wettbewerb ins Leben rufen. "Vorerst gibt es nichts Neues", sagt Rathaussprecherin Petra Zinthäfner. Zwei Anwohner haben sich beim Amt für öffentliche Ordnung beschwert, sie fühlen sich durch Lärm, Rauch und Müll belästigt. "Es sieht wüst aus", klagt eine Nachbarin. Die Polizei sei nach einer Beschwerde einmal da gewesen, sagen die Besetzer.

Beabsichtigt die Stadtverwaltung eine baldige Räumung? "Wir beobachten die Lage und schauen, wie sich die Dinge entwickeln", sagt Zinthäfner. Mit jemandem von der Stadtverwaltung, so der Besetzer mit den Rastalocken, hätten sie noch nicht gesprochen: "Das wundert mich." Allerdings hätten Mitglieder des Stadtteilvereins und einige Stadträte vorbeigeschaut. Angst vor einer Räumung haben die Besetzer nicht. "Ich glaube, einer Räumung würden die Menschen hier in Vauban nicht vorbehaltlos zustimmen", so ein Rhino-Mitglied. Oberstes Ziel der Besetzer sei es, von der Stadt für ihre Wagen einen geeigneten Platz zur Miete zu bekommen. Daneben wollen sie Ideen für die Planung des Geländes beisteuern und die Menschen zum Diskutieren einladen (http://www.rhino.blogsport.de "Keiner will hier noch ein Hochhaus", ist sich der 26-jährige Besetzer sicher. "Wir wollen, dass hier etwas entsteht, das von allen Leuten aus Vauban genutzt werden kann."