Prozessbeobachtung Nürnberg: Angriff auf Polizeiwache

still not loving police!

Am 04.11.13 fand im Landgericht Nürnberg/Fürth der Prozess gegen einen Beschuldigten statt, welchem vorgeworfen wird die Polizeiwache am Nürnberger Rathaus mit Farbe und Steinen angegriffen zu haben.

 

Bevor mensch an diesem Tag überhaupt den Gerichtssaal 41 betreten konnte musste mensch sich peniblen Vorkontrollen aussetzten. Zu den üblichen Einlasskontrollen kam diesmal eine Handyabgabe Pflicht hinzu. Begründet wurde das Ganze mit der Aussage: „man kann mit dem Handy Tonmitschnitte machen und das sei verboten.“

Wir glauben nicht das das der wahre Grund für die Maßnahme war. Das Kassieren von Handys wird in Nürnberg hauptsächlich bei linkspolitischen Prozessen genutzt, wahrscheinlich um Handy ID Nr. einzelner Personen zu ordnen zu können und folglich dessen, um Personen besser überwachen zu können.

Nun zum eigentlichen Prozess: die Richterin betritt den Raum, mürrisches Aufstehen mit einigen extra Aufforderungen ... Der Anwalt bittet die Richterin noch ein paar Stühle in den Zuschauer_innen Bereich zu stellen, sie lehnt das ab:“ die Öffentlichkeit sei ausreichend geschaffen …“

Zuvor wurde die Verhandlung spontan in einen kleineren Gerichtssaal verlegt.

Die Staatsanwältin verließt die Anklage: dem Beschuldigten wird vorgeworfen, vorsätzlich eine politisch motivierte Sachbeschädigung begangen zu haben.

Das Angeklagte möchte sich nicht persönlich äußern, lässt aber eine Erklärung von seinem Verteidiger verlesen.

Hier wird darauf eingegangen, dass es 100 mögliche Täter_innen in Nürnberg geben könnte und die Beweislage mit der der Angeklagte in seine Rolle gedrängt wurde, nicht haltbar ist.

Danach wurde auf die einzelnen Ermittlungsfelder eingegangen.

Als Erstes ging es um die DNA Spuren. Es wurden Mehrere Mischspuren auf der vermutlichen Täter_innen Kleidung sichergestellt Unteranderem die DNA des Angeklagten. Diese wurde im späteren Verlauf als Hauptdna festgestellt.

Beim zweiten Dna- und Spurenvergleich wurde rote Farbe an einem Handschuh und einer Jacke sichergestellt, die mit der Farbe an Tatort übereinstimmte. Anschließend wurden die geladenen Zeug_innen vernommen. Insgesamt waren fünf Zeug_innen geladen. Zwei Zivilist_innen, die in der Tatnacht Personen flüchten sahen und damit den Fundort der Täter_innen Kleidung bestätigten.

Dritter und vierter Zeuge waren jeweils Polizeibeamte. Der eine hat die Täter_inne Kleidung auf einem Vordach, in der Nähe des Tatorts sichergestellt, konnte sich aber nicht mehr daran erinnern, was mit der Kleidung passierte nach dem er sie auf dem Polizeirevier abgegeben hat, weder noch an wen er sie abgegeben hatte.

Der zweite Beamte war Einsatzleiter der Hundestaffel, die am 21.07.12, also ein Tag nach der Tat zum Einsatz kam, angeblich ohne das der Ermittlungsleiter KHK Holzmichel (Name geändert) von der Staatsschutzabteilung dies veranlasste. Der Beamte scheute sich nicht davor, ganz offensichtlich „gut vorbereitet“ zum Prozess zu erscheinen. Nachdem er sich hingesetzt hatte, holte er den Einsatzbericht raus und begann vorzulesen. Dies wurde vom Anwalt des Angeklagten angesprochen und vermerkt.

Dieser wurde gefragt, wie so ein Spurhundeeinsatz verläuft. Es wird als Erstes eine Geruchskopie erstellt, d. h., ein Stück Stoff wird am gefundenen Gegenstand gerieben. Das wird dem Mantraildog vorgehalten, der daraufhin die Witterung aufnimmt und zu suchen beginnt.

Die Richterin fragt ob eine Geruchskopie ausreicht um einer Spur folgen zu können, die Antwort des Einsatzleiters war: „ein Molekül in des Hundes Nase reicht aus.“

Insgesamt wurden zwei Mantrailligdogs eingesetzt, die in jeweils unterschiedliche Richtungen gelaufen sind.

Der oben genannte Beamte KHK Holzmichel hat aufgrund, eines Weges begründet, dass der Angeklagte der gesuchte Täter sei. Im Laufe des Prozesses stellte sich jedoch heraus, das beide Hunde lediglich in die Nähe der Meldeadresse des Angeklagten gelaufen sind. Einer ist an der gewünschten Adresse Vorbei gelaufen und der andere hat die Suche vorher schon abgebrochen, aufgrund mangelnder Konzentration.

Somit hat der Mantrailligndog Einsatz kein eindeutiges Ergebnis hervor gebracht.

Der Fünfte geladene Zeuge war Kriminalhauptkommissar (KHK) Holzmichel von Staatsschutzdezernat K14 in Nürnberg. Er hat die Ermittlungen des gesamten Falls geleitet.

Bei seiner Befragung verstrickte er sich von Anfang an in Widersprüche und war generell sehr wortkarg. Die Zusammenfassung seiner Aussage beinhaltet Folgendes: „eigentlich hätte er damit gerechnet, dass die Hunde nach Gostenhof (Ballungszentrum linker Aktivitäten und Wohnort vieler Linker) laufen. Wie kam er auf den Angeklagten?

Eine Ausweiskontrolle Monate vorher, die Hunde in der Nähe seiner Meldeadresse und die Dna Spur an der Täter_innen Kleidung machten den Angeklagten zum Täter.

Zudem kam der Alternative Kultur Verein Nürnberg e. V. (AKN e. V.), welcher sich unter der Meldeadsresse des Angeklagten befindet ins Gespräch.

Die frage ob er etwas von Ermittlungen gegen den AKN e. V. wüsste oder selbst an welchen beteiligt war, umging er mit der Aussage: „ der AKN e. V. würde von der Öffentlichkeit beobachtet, in Form von Zeitungsartikeln und Internetauftritten. "

Als letzten Beweis führte er Videoaufzeichnungen aus der Königstorpassage am Hauptbahnhof auf.

Einer der Hunde ist über die Königstorpassage, durch den Hauptbahnhof, Richtung Südstadt gelaufen. Deswegen hat er die Kameraaufnahmen zwischen 2:30 Uhr und 5:00 Uhr morgens nach der Tat ausgewertet. Darauf hat er einen Mann entdeckt der eine Cap trug und für ihn Ähnlichkeit mit dem Angeklagten aufwies.

Bei der Sichtung der Beweismittel wurden Vertreter_innen der Presse daran gehindert diese in Augenschein zu, nehmen.

Dannach wurde die Beweisaufnahme geschlossen.

Die Staatsanwältin hält Ihr Plädoyer, in dem sie sich am Anfang nicht zu 100 % sicher war, ob der Angeklagte der Täter sei, aber fünf Minuten später fügte sich für sie ein puzzel zusammen. Es wird vollkommen ignoriert, dass der Angeklagte zum Tatzeitpunkt nicht mehr da gewohnt hat, das also lediglich seine Meldeadresse war.

Sie ist der Meinung, dass wenn mensch ein Zeichen gegen Polizeigewalt setzten, möchte, er doch auch dazu stehen soll. Einmal mehr ein Beweis das der Angeklagte nicht der Täter ist. Sie forderte eine Woche Jugendarrest und 80 Sozialstunden.

Plötzlich wird die Beweisaufnahme noch mal eröffnet und das Bekenner_innen Schreiben wird verlesen. Hier wird noch mal auf den politischen Aspekt eingegangen. Die Täter_innen erklären, dass sie sich solidarisch mit allen Betroffenen von Polizeigewalt zeigen und haben an dem Todestag von Carlo Guiliani vor 11 Jahren in Genua erinnert.

Die Richterin stellt den Zusammenhang zum Angeklagten her, da dieser am 20.07 Geburtstag hat und mensch ja bekanntlich an Geburtstagen solche Sachen tut.

Der Verteidiger führt in seinem Plädoyer noch einmal alle entlastenden Punkte auf. Der Angeklagte hat zum Tatzeitpunkt nicht mehr in der Meldadresse gewohnt, hierfür gäbe es auch zwei Zeug_innen, die das hätten bestätigen können. Diese wurden jedoch nicht zugelassen und angehört. Des Weiteren sind die Hunde nicht zur Meldeadresse, sondern lediglich in die Nähe gelaufen oder haben an ganz anderen Stellen angeschlagen.

Ein weiteres Argument, welches den Angeklagten entlastet, die gefundene Täter_Innenkleidung könnte der Angeklagte bei seinem Auszug an den Umsonstladen des AKN e. V. gespendet haben und jemand anderes könnte sie verwendet haben. Zu den Räumen des AKN e. V. haben viele Menschen Zutritt, diese Menschen haben wiederum Freund_innen, somit ist der Täter_innen Kreis riesig.

Außerdem stellt er den Antrag, die gezeigte Videosequenz von einem_er Spezialist_in bearbeiten zu lassen, um zu beweisen, dass es sich nicht um den Angeklagten handelt. Und den Gerichtsmediziner, der die Dna Gutachten erstellt hat, zu laden, um diesen Beweis nochmals genauer zu untersuchen.

 

Die Richterin spricht den Angeklagten der Sachbeschädigung schuldig und verurteilt ihn zu 80 Sozialstunden. Sie begründet ihr Urteil mit den Hundespuren, der Farbe an einem Handschuh an dem auch Dna gefunden wurde und dem Geburtstag des Verurteilten.

Insgesamt ist ein Sachschaden von ca.5000 Euro entstanden der dem Verurteilten im zivilrechtlichen Verfahren zu Last gelegt werden kann.

 

 

Wir als Soligruppe sehen den Indizienprozess mehr als skeptisch, da die vermeidlichen Beweise eine reine Farce sind. Die Weisung „im Zweifel für den Angeklagten“ wurde hier vollkommen missachtet. 

 


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