Innenminister zeigt Solidarität mit jüdischer Gemeinde

Erstveröffentlicht: 
12.11.2013

Nach dem Anschlag auf das jüdische Gemeindezentrum in Pinneberg hat Innenminister Andreas Breitner seine Solidarität mit der jüdischen Gemeinde bekundet. "Wir dürfen nicht schweigen", sagte Breitner.

 

Pinneberg. Nach dem Anschlag auf das jüdische Gemeindezentrum in Pinneberg hat Schleswig-Holsteins Innenminister Andreas Breitner (SPD) seine Solidarität mit der jüdischen Gemeinde bekundet. Der Minister stattete dem Gemeindevorsitzenden Wolfgang Seibert am Dienstag einen Besuch ab. "Wir dürfen zu diesen Beschädigungen am symbolträchtigen 75. Jahrestag der Reichspogromnacht nicht schweigen", sagte Breitner. "Schweigen könnte als Zustimmung aufgefasst werden." Das Innenministerium wisse noch nicht, wer der Täter sei, sagte der Minister. "Aber die Symbolik spricht für eine politische Tat mit einem rechtsextremen Hintergrund."

Der Pinneberger SPD-Landtagsabgeordnete Kai Vogel sagte, es gebe eine "breite Solidarität seitens der Bevölkerung mit der jüdischen Gemeinde". Auch Kulturministerin Anke Spoorendonk (SSW) zeigte ihr Mitgefühl: "Ich bin empört und traurig. Nicht nur darüber, dass ein Gotteshaus beschädigt wurde. Auch das Datum der Tat macht fassungslos. Die jüdischen Gemeinden in Schleswig-Holstein sind eine Bereicherung für unser Land. Sie bedürfen gerade aufgrund der Geschichte unserer besonderen Solidarität."

Die Pinneberger Antifaschisten verurteilten "den feigen Anschlag" vom Wochenende: "Als viele Menschen in den Städten und Gemeinden am 75. Jahrestag der Reichspogromnacht den Opfern gedachten, kam es erneut zu einem Anschlag auf das Gemeindezentrum der jüdischen Gemeinde in Pinneberg", heißt es in einer Stellungnahme der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten. "Dass Neonazis dahinter stecken, ist zweifellos klar. Dass diese sich mit dem gewählten Datum bewusst in die Tradition der faschistischen Banden von 1938 stellen, ist mehr als deutlich. Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen."

Der Anschlag auf das jüdische Gemeindezentrum am vergangenen Wochenende war der einzige in Schleswig-Holstein. Ausgerechnet in der Nacht vom Sonnabend, 9. November, auf Sonntag, 10. November, dem 75. Jahrestag der Reichspogromnacht, hatten Unbekannte das Glas der Eingangstür zum jüdischen Gemeindezentrum am Clara-Bartram-Weg 14 beschädigt. Die Scheibe wies drei Einschläge auf. Der Staatsschutz aus Itzehoe forderte die Spurensicherung an. "Wir betreiben mit hohem Personalaufwand umfangreiche Ermittlungen", sagte der Leiter des Pinneberger Polizeireviers, Thorsten Buchwitz. Der Polizeischutz vor Ort sei erweitert worden.

Vor 75 Jahren brannten in Deutschland in der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 Synagogen und Geschäfte jüdischer Mitbürger. Sie wurden beraubt, gedemütigt, misshandelt und ermordet. Die Nazis nannten diese Übergriffe gewalttätiger deutscher Bürger und NS-Männer "Reichskristallnacht".

"EIN GEZIELTER ANSCHLAG, DER EINE BOTSCHAFT VERMITTELN SOLL"

"Das war keiner dieser antisemitischen Übergriffe, wie wir sie leider immer wieder erdulden müssen", sagte der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, Wolfgang Seibert. "Das war zum 75. Jahrestag der Pogromnacht ein gezielter Anschlag, der uns sagen soll, 'wir sind noch da, wir können es immer noch – euch Juden vernichten'."

"Dieser Vorfall muss durch die Behörden ganz genau aufgeklärt werden", sagte ein weibliches Gemeindemitglied dem Hamburger Abendblatt. "So ein Anschlag am Jahrestag der Pogromnacht ist feige und hinterhältig. Es ist erschütternd, dass so etwas im Jahr 2013 in Deutschland noch passiert."

Die Löcher im Glas der Eingangstür haben unterschiedliche Tiefen und liegen dicht nebeneinander. Seibert ging davon aus, dass ein Unbekannter mit einem spitzen Hammer zugeschlagen hat. Einen Überfall mit einer Schusswaffe hielt er für unwahrscheinlich, da die Löcher in diesem Fall eine gleich große Tiefe aufweisen würden. Am Sonntag fanden weder Polizei noch Gemeindemitglieder Geschosshülsen.

SICHERHEITSVORKEHRUNGEN WERDEN VERSTÄRKT

Auch einen Einbruch vermutete Seibert nicht, denn der Angriff sei auf der Vorderseite der Synagoge verübt worden. Einbrecher würden in der Regel durch den hinteren Gebäudeteil einsteigen. Der Gemeindevorsitzende stand selbst bis vor kurzem wegen Übergriffen von Neonazis und radikalen Islamisten unter Polizeischutz. "Ich werde jetzt sofort verstärkt Bewegungsmelder einbauen, vor allem auch gezielt auf der Vorderseite der Synagoge und im Eingangsbereich", sagte Seibert.

Mittlerweile ist eine Belohnung von 1000 Euro für Hinweise auf die Täter ausgelobt worden. Zeugen können sich bei der Polizei melden. Die Antifaschisten im Kreis Pinneberg und Die Linke haben zur Gegenwehr aufgerufen: am Freitag, 15. November, um 18 Uhr. Treffpunkt ist der Bahnhof Pinneberg. "Diese Demonstration ist eine gute Gelegenheit für die Pinneberger, ein Zeichen zu setzen", sagte Minister Breitner.