Bis zu 10.000 Fans, Aktivisten und Asylsuchende ziehen nach St. Pauli-Spiel durch die Hansestadt / Polizei von großer Beteiligung überrascht
Hamburg. Bis zu 10.000 Menschen haben am Freitagabend in Hamburg gegen die Flüchtlingspolitik des SPD-Senats demonstriert und Solidarität mit den rund 270 über Lampedusa nach Europa gekommenen Asylsuchenden gezeigt. »Dies ist die bisher größte Demonstration gegen die rassistische Abschiebepolitik des Hamburger Senates und ein starkes Signal, dass die Proteste nach zwei Wochen mit vor allem spontanen Demonstrationen sich noch weiter steigern können«, hieß es in einer ersten Stellungnahme im Internet.
Nach dem Spiel des FC St. Pauli fand vor dem Millerntor-Stadion zunächst eine große Kundgebung statt, danach zogen Fußballfans, Flüchtlinge und Hamburger gemeinsam über die Reeperbahn zur St. Pauli Kirche. Die Polizei sprach von 5000 Teilnehmern, war aber laut Medienberichten von der großen Zahl der Protestierenden überrascht - die Behörden hatten nur rund 1.000 Menschen erwartet. Doch der von über 100 Vereinen, Fanorganisationen und Stadtteilinitiativen unterstützte Protestmarsch war mehr als einen Kilometer lang war.
In einem im Internet verbreiteten Aufruf zu der Aktion war dem Senat vorgeworfen worden, den Kampf der Flüchtlinge für eine menschenwürdige Perspektive und die breite Solidaritätsbewegung zu ignorieren. Die Stadtpolitik drangsaliere »die Geflüchteten seit Tagen mit einer rassistischen Hetzjagd, um ihre Abschiebung in die Wege zu leiten«. Die Unterstützer des Protestmarsches wollten dies nicht akzeptieren und erklärten, man wolle nun auf Seiten der Solidaritätsbewegung »den Druck erhöhen«. Am Samstagmittag ist eine weitere Demonstration in Hamburg angekündigt.
Auf einer Kundgebung nahe der St. Pauli Kirche forderten Redner, dass
die »Lampedusa-Flüchtlinge« in Hamburg bleiben dürfen. »Dieser Abend
zeigt, wie breit die Unterstützung für die Flüchtlinge ist«, wird
Maarten Thiele vom Organisationsbündnis in den Medien zitiert. Auch
Flüchtlinge kamen bei der Aktion zu Wort, sie sprachen Dank für die
politische Unterstützung aus und kündigten an, nicht aufzugeben. Am
Wochenende wird sich dem vernehmen nach entscheiden, wie die Flüchtlinge
weiter vorgehen wollen. Derzeit seien 270 von ihnen in Hamburg.
Der Bezirk Altona hatte am Donnerstag beschlossen, den Kirchen doch
noch zu erlauben, Container für rund 80 Flüchtlinge aufzustellen. Für
die Baugenehmigung gibt es allerdings eine Auflage: Wer einziehen will,
müsse sich vorher bei den Behörden identifizieren, sagte
Bezirksamtsleiterin Liane Melzer (SPD) am Freitag. Die Meldeauflage für
die Container stammt von Staatsrat Michael Sachs von der Behörde für
Stadtentwicklung. Hält sich das Baudezernat Altona nicht daran, könnte
es nach Angaben des Geschäftsführers der SPD-Fraktion Altona, Alexander
Hund, zu einem Gerichtsverfahren kommen.
Die Flüchtlinge befürchten jedoch ihre Ausweisung, sobald sie
preisgeben, wer sie sind und woher sie kommen. Bislang hatten sich die
Flüchtlinge gegen die Forderung der Innenbehörde gewehrt, ihren Namen zu
nennen und ihre Fluchtgeschichte zu erzählen. Sie hatten gehofft, als
Gruppe pauschal ein Aufenthaltsrecht zu bekommen. Jan Kossack vom
Unterstützerkreis geht davon aus, dass diese Forderung nicht mehr zu
halten sein wird. »Der Druck vonseiten des Senats ist zu groß.« Die
ersten Flüchtlinge hatten nach Polizeikontrollen und Anhörungen der
Ausländerbehörde bereits die Aufforderung erhalten, Deutschland zu
verlassen. Derzeit sind die Kontrollen nach Angaben der Polizei
ausgesetzt. Agenturen/nd