Verfassungsschutzämter mehrerer Bundesländer haben Verbindungen von Burschenschaftern zu rechtsextremen Kreisen im Blick. Das hessische Landesamt für Verfassungsschutz führt die Dresdensia-Rugia zu Gießen als „Verdachtsfall“.
Ein Kapitel im jüngst vorgestellten Verfassungsschutzbericht 2012 des Landes Hessen widmet sich ausschließlich dem Thema „Burschenschaften“. „Vereinzelt“ gebe es demnach laut Erkenntnissen der Verfassungsschützer „Anhaltspunkte, dass Angehörige einzelner Mitgliedsbünde“ der Deutschen Burschenschaft (DB) „rechtsextremistischen Vereinigungen zuzurechnen sind oder rechtsextremistische Personen und Organisationen Kontakte zu einzelnen Burschenschaften unterhalten“. Erwähnt wird in dem Jahresbericht, dass in „einigen Fällen (..) Personen aus dem rechtsextremistischen Spektrum als ‚Aktive’ oder ‚Alte Herren’ Mitglied einer Burschenschaft“ sind, „als Referenten bei Vorträgen" fungieren oder an „Veranstaltungen von Burschenschaften“ teilnehmen.
Namentlich wird die Burschenschaft Dresdensia-Rugia zu Gießen genannt, die vom hessischen Verfassungsschutz als „Verdachtsfall“ geführt wird. Wörtlich heißt es: „Seit Mitte der 1990er Jahre sind fortlaufend Personen mit rechtsextremistischem Hintergrund, darunter auch Funktionäre der NPD, in Erscheinung getreten, die der Aktivitas beziehungsweise dem Altherrenverband der Burschenschaft Dresdensia-Rugia zu Gießen (...) angehören.“ Die Verfassungsschützer haben registriert, dass die Burschenschaft „Personen mit Bezügen ins rechtsextremistische Spektrum zu Vorträgen“ einlud und dabei „stets konspirativ“ vorging. So wurden Vortragsveranstaltungen zwar öffentlich gemacht, jedoch der Namen des Referenten oder das Vortragsthema nicht genannt, halten die Verfassungsschützer fest. In der Regel, so heißt es im der Bericht, „nahmen an solchen Veranstaltungen zumindest vereinzelt Rechtsextremisten teil“.
Bekenntnis zum „volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff“
Auf der Homepage der pflichtschlagenden Verbindung Dresdensia-Rugia zu Gießen heißt es, dass man weder „Tradition, Zensur, noch zeitgeistigen Gegenwind“ scheue. Die Mensur wird als „ein unverzichtbares Mittel der geistigen und körperlichen Erziehung ihrer Mitglieder zu wehrhaften und ehrbaren deutschen Männern“ angepriesen. „Abseits von staatlichen Grenzen“ bekennt sich die Burschenschaft zum „volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff" und will sich „für die enge Verbundenheit aller Teile des deutschen Volkes in Freiheit“ einsetzen. Links auf der Seite der Dresdensia-Rugia führen unter anderem zu den verschwörungstheoretischen „Kopp-Nachrichten“ und dem rechtsextremen Monatsmagazin „Zuerst!“
Am 26. Oktober 2012 antwortete das hessische Innenministerium (Ausschussvorlage INA/18/93) auf eine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen, dass bei fünf hessischen Burschenschaften „Hinweise darauf vor(liegen), dass sie im Kontakt mit rechtsextremistischen Gruppierungen stehen“. Referent bei hessischen Burschenschaften war dem Ministerium zufolge unter anderem der 2009 verstorbenen Neonazi und Rassist Jürgen Rieger.
Burschenschaften stehen nicht nur in Hessen im Visier der Behörden. So stellte der Verfassungsschutzbericht Bayern 2012 fest, dass sich in der Aktivitas der Burschenschaft Danubia München „einzelne Personen“ engagieren würden, „die Beziehungen zur rechtsextremistischen Szene unterhalten oder in der Vergangenheit unterhalten“ hätten. Das Ministerium für Inneres und Kommunales in Nordrhein-Westfalen informierte am 3. Juli auf Anfrage der Piraten (Kleine Anfrage Nr. 1304), dass Burschenschafter „Mitglieder rechtsextremistischer Organisationen“ seien beziehungsweise „Kontakte rechtsextremistischer Personen oder Organisationen zu einzelnen Burschenschaften“ bestünden. Auch der Hamburger Verfassungsschutz hat die „Verbindungen zwischen Burschenschaften und rechtsextremistischer Szene weiterhin aufmerksam im Blick“, wie es im aktuellen Jahresbericht der Behörde heißt.