Eine Straßenkehrmaschine kann fünf Kubikmeter Kehrgut fassen - oder einer größeren Zahl von Neonazis den Platz wegnehmen. Trickreich verhinderte die Stadt Neu-Ulm eine NPD-Kundgebung. Die Polizei geriet durch die Aktion allerdings in eine schwierige Lage.
Als die NPD am Montagabend im Rahmen ihrer "Deutschland-Tour" in Neu-Ulm halt machte, begegnete ihr die Stadt nicht nur mit einer gemeinsamen Gegenkundgebung aller demokratischen Fraktionen, sondern vor allem mit tonnenschwerem Gerät. In der Signalfarbe Orange glänzten dort auf dem Rathausplatz: vier Nutzfahrzeuge aus den Garagen des Bauhofs, hübsch gruppiert.
Die Straßenkehrmaschine, um nur ein Beispiel zu nennen, kann stolze fünf Kubikmeter Kehrgut fassen, wie am Tag danach der stellvertretende Leiter des Bauhofs, Jürgen Gerhard, betont. Nur ganz nebenbei besitzt die Maschine auch noch die Eigenschaft, schon durch ihre beeindruckenden Maße von sechs Metern Länge mal 2,4 Metern Breite einer größeren Zahl von Neonazis den Platz wegnehmen zu können.
Das war Sinn dieser Veranstaltung. Das Recht zu demonstrieren können Kommunen den Anhängern der NPD nicht verwehren, solange diese eine legale Partei ist. Deshalb hatte Neu-Ulms Bürgermeister Gerold Noerenberg (CSU) kurzfristig eine "Leistungsschau des Baubetriebshofs" anberaumt, unverschiebbar und direkt auf dem Rathausplatz. Damit war er der NPD, die dort ihre Demonstration anmelden wollte, knapp zuvorgekommen. Gleichzeitig wurde der zweite große öffentliche Platz der Kreisstadt, der Petrusplatz, am Montag von einem Bündnis aller demokratischen Rathausfraktionen in Beschlag genommen, mit 250 Menschen. So blickten die etwa zehn NPD-Anhänger, die am Abend aus ihren Autos stiegen, auf blitzende Bauhof-Maschinen; vorne dran, vielleicht kein Zufall, ein Kanalspülfahrzeug.
Die Polizei musste räumen
Ein nagelneues Gerät immerhin, eine Viertelmillion Euro im Einkauf: "Das mussten wir den Stadträten dringend einmal präsentieren", sagt der Bauhof-Leiter Gerhard, "damit sie wissen, was sie kaufen." Er scheint nicht traurig darüber zu sein, dass die Stadträte dann gar nicht vorbeischauten. Nach Angaben der Polizei kamen nur etwa 45 Menschen von der bürgerlichen Anti-Nazi-Demonstration herüber, um anschließend den Zugang zum Rathausplatz für die NPD mit einer Sitzblockade zu versperren.
Die Polizei, die den Rathausplatz umstellt hielt, geriet damit in eine schwierige Lage: Schon um 15 Uhr hatte das Verwaltungsgericht Augsburg per Fax mitgeteilt, dass die NPD auf ihren Eilantrag hin sehr wohl auf dem Rathausplatz demonstrieren dürfe. Das Landratsamt war mit seinem Argument, der Platz sei Privatgelände, offenbar nicht durchgedrungen, die "Leistungsschau" hatte die Juristen nicht überzeugt. Ihre Entscheidungsgründe hatten sie zwar auch am Dienstag noch nicht übermittelt. Dennoch: Die Polizei musste räumen.
Die Bauhof-Maschinen wurden daraufhin um ein paar Meter zur Seite gefahren - auch der Schneepflug, 7,70 Meter lang, der den Bürgern zeigen sollte, "dass wir für einen spontanen Wintereinbruch gerüstet sind", wie Bauhof-Leiter Gerhard sagt. Aber bis es so weit war, blieb von der Versammlungszeit der NPD kaum noch etwas über. Es war schon 19.30 Uhr: Nur noch eine halbe Stunde bis zum Ende des von der NPD angemeldeten Zeitraums, und in einer solchen Situation, so entschied die Polizei, sei eine Räumaktion unverhältnismäßig. So blieben die Gegendemonstranten sitzen, und die NPD verließ gegen 19.50 Uhr wieder die Innenstadt.
Die "Deutschland-Tour" durch das Allgäu setzte sich am Dienstag fort. In Kempten hielt die Polizei zehn NPD'ler und sieben Gegendemonstranten auseinander; in Kaufbeuren kamen 16 Gegendemonstranten, um dieselbe kleine NPD-Gruppe zu empfangen. Mit Pfiffen diesmal, ohne Schneepflug.