Joachim Hülscher droht der Rauswurf aus der Fraktion der Freien Wähler: Sein jahrelanges Engagement für Südtiroler Separatisten stößt seinen Mitstreitern im Göppinger Gemeinderat sauer auf. Heute tagt der Vorstand.
"Es geht ja schließlich um die Zukunft der Freien Wähler Göppingen." Stadtrat Emil Frick ist entsetzt über seinen Fraktionskollegen Joachim Hülscher, der auch in der Regionalversammlung sitzt und bis 2006 Baubürgermeister in Göppingen war. Frick hofft nun, dass auf der regulären Fraktionssitzung am kommenden Mittwoch der Rauswurf von Hülscher beschlossen wird. "Meine Entscheidung ist ganz klar: Es läuft auf Trennung raus." Doch nicht nur Frick ist erbost. Auch Wolfram Feifel, Fraktionsvorsitzender und gleichzeitig Chef des Freie-Wähler-Ortsvereins, sowie Stefan Horn, neben Feifel im Fraktionsvorstand, haben kein Verständnis für Hülschers Engagement beim separatistischen Andreas-Hofer-Bund, der für die Unabhängigkeit Südtirols kämpft. Hier ist Hülscher seit rund acht Jahren aktiv, teilweise auch in führenden Positionen wie der des Pressesprechers.
"Der geht gar nicht mehr", macht Horn klar. "Das Maß ist übervoll." So habe Hülscher seiner Fraktion erst unlängst klargemacht, bei der "Straße der Demokratie" - einer Gegenveranstaltung zur Nazi-Demo am 12. Oktober - nicht mitmachen zu wollen. Vielmehr habe er gefragt, warum nicht gegen Gregor Gysi und Sahra Wagenknecht von der Linkspartei demonstriert werde. Deshalb ist für Horn klar: "In einer Stadt, in der wir am 12. Oktober ein großes Problem haben, ist so ein Mensch im Gemeinderat untragbar."
Sondersitzung zum Fall Hülscher
Am Mittwoch kommen der Fraktionsvorstand und der Vorstand des Ortsvereins zu einer Sondersitzung wegen der Causa Hülscher zusammen. Doch Horn meinte bereits gestern: "Klar ist, dass Hülscher nicht mehr auf den Listen zur Gemeinderats- und Kreistagswahl 2014 auftauchen wird - sonst stehen eben andere Namen nicht mehr drauf." Das sieht auch Fraktionschef Feifel so: "Ich bin mir ziemlich sicher, dass er nicht mehr auf unserer Liste kandidiert." Seine Tochter habe ihm am Dienstag bei der morgendlichen Zeitungslektüre gesagt: "Na das ist ja eine tolle Werbung für Euch."
Ihn habe es dann "erst mal vom Sessel gehauen", als er von Hülschers umfangreichem, jahrelangem Engagement erfahren habe. Er habe davon nichts gewusst, versichert Feifel. Lediglich ein Südtirol-Aufkleber auf Hülschers Auto sei ihm aufgefallen. "Überall, wo es separatistische Bewegungen gegeben hat oder gibt, gibt es Zoff, Streit, Mord und Totschlag", betont Feifel. "Das können wir als Freie Wähler nicht gutheißen." Auch Horn sagt: "Freie Wähler sind Demokraten, Antidemokraten sind bei uns nicht erwünscht."
Erst im Juni hatten sich die Freien Wähler (VUB) und die Bürgerallianz BAG zur Freien-Wähler-Fraktion zusammengeschlossen. Mit acht Mitgliedern stellen sie die zweitgrößte Fraktion im Gemeinderat. Wie der Kreisverband reagieren wird, ist noch unklar. Er ist zuständig für die Listen zur Regionalwahl 2014. Vizechef Reiner Ruf sagte gestern: "Ich bin weder befugt, etwas zu sagen, noch im Detail informiert." Emil Frick jedenfalls will mit Hülscher und seinen Mitstreitern nichts zu tun haben: "Das sind politische Fossilien fürs Museum. Aber ich wüsste kein Museum, wo man die reinstellen kann."