Antidiskriminierungsstelle empfiehlt niederschwellige MaßnahmenStudie: Jeder vierte Migrant fühlt sich in der Bildung diskriminiert
Gleichbehandlung und Gleichberechtigung bleiben in Bildung und Arbeitswelt vielerorts nach wie vor Baustellen, an denen gearbeitet werden muss. Innovative Rekrutierungsverfahren und unabhängige Beschwerdestellen sollen dagegen helfen.
Jeder vierte Schüler oder Studierende mit Migrationshintergrund fühlt sich einer Studie zufolge in Deutschland im Bildungsbereich diskriminiert. Die Benachteiligungen - auch von Behinderten - wirkten sich negativ auf den Bildungserfolg, die Leistungsfähigkeit und die Arbeitsmotivation der Betroffenen aus, ging aus einem am Dienstag veröffentlichtenBericht der Antidiskriminierungsstelle (ADS) des Bundes hervor. Generell seien Diskriminierungen auch im Arbeitsleben weit verbreitet. Über die Studie hatten zuerst die ARD und die Zeitung „Die Welt“ berichtet.
„Es ist das erste Mal in Deutschland, dass Benachteiligungserfahrungen bei Bildung und Arbeit derart umfassend untersucht wurden“, sagte die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle, Christine Lüders. „Beides sind zentrale Lebensbereiche, in denen Diskriminierung stattfinden kann.“ Gerade hier böten sich aber auch große Chancen, um auf mehr Vielfalt und Chancengleichheit hinzuwirken.
Um dieser Entwicklung gegenzusteuern, empfiehlt die Antidiskriminierungsstelle in ihrem Bericht unter anderem die Einrichtung von unabhängigen Beschwerdestellen an Schulen und Hochschulen, die Betroffenen rasche und niederschwellige Hilfe anbieten. In den Landesbildungsgesetzen müsse außerdem ein umfassender Diskriminierungsschutz verankert werden. Dieser solle die im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz genannten Merkmale (ethnische Herkunft, Religion, Weltanschauung, sexuelle Identität, Alter, Behinderung und Geschlecht) beinhalten, aber darüber hinaus auch Benachteiligungen aufgrund der „sozialen Herkunft“, so Lüders.
Noch jede Menge zu tun, aber auch bahnbrechende Erfolge
Im Bereich des Arbeitslebens spricht sich die Antidiskriminierungsstelle unter anderem dafür aus, die Vielfalt in der Belegschaft besser zu fördern, zum Beispiel durch die Nutzung innovativer Rekrutierungsverfahren wie den anonymisierten Bewerbungen. Betriebliche Beschwerdestellen bräuchten außerdem eine bessere Vernetzung und Ausstattung.
Die Antidiskriminierungsstelle hat den gesetzlichen Auftrag, dem Bundestag alle vier Jahre gemeinsam mit den in ihrem Zuständigkeitsbereich betroffenen Beauftragten Berichte über Benachteiligungen vorzulegen und Empfehlungen zur Beseitigung und Vermeidung zu geben. Der nun vorgelegte zweite Bericht wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Beirat der ADS sowie gemeinsam mit dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, dem Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestags sowie dem Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten erstellt.
Im letzten Jahr hatten Antidiskriminierungsbemühungen allerdings auch Erfolge zu verzeichnen, auch in Fällen, bei denen es um die Interessen der muslimischen Community ging. So konnte in Berlin erfolgreich gegen eine Benachteiligung Kopftuch tragender Frauen vorgegangen werden. Außerdem wurde eine umstrittene Passage, die jungen Frauen den Verzicht auf das Kopftuch nahelegte, nach öffentlichem Druck aus einem Bewerbungsratgeber entfernt.