Berlin (dpa) - Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat nach einem Zeitungsbericht in den vergangenen Jahren immer wieder die US-Geheimdienste um Hilfe gebeten, wenn deutsche Staatsbürger im Ausland entführt waren. Dabei sei es ganz konkret um die Abfrage gespeicherter Kommunikationsvorgänge deutscher Staatsbürger gegangen, berichtete die «Bild»-Zeitung (Montagausgabe) unter Berufung auf US-Regierungskreise. Ein solches Vorgehen würde darauf hinweisen, dass zumindest der BND seit Jahren von der umfangreichen Datenspeicherung durch die National Security Agency (NSA) weiß, schrieb das Blatt.
Nach «Bild»-Informationen bat der BND bei Entführungen deutscher Staatsbürger unter anderem in Afghanistan und im Jemen die amerikanischen Dienste um Hilfe. Dabei sei es darum gegangen, auf die letzten Telefon- und Mailkontakte der Entführten zuzugreifen, um zu erfahren, wo sie sich vor ihrer Entführung aufgehalten, mit wem sie kommuniziert hätten und wo sie hin wollten. Die NSA dürfe in einer solchen lebensbedrohlichen Lage 72 Stunden lang ohne richterlichen Beschluss auf alle Kommunikationsdaten eines Entführungsopfers zugreifen und diese auswerten. Die Daten der NSA seien so mehrfach in die Arbeit deutscher Krisenstäbe eingeflossen, um entführte Deutsche zu befreien.
US-Regierungs- und Geheimdienstkreise betonen laut «Bild», dass der BND seit Jahren von der nahezu totalen Datenerfassung wisse, in Gefahrenlagen darauf habe zugreifen können und dies auch aktiv getan habe. Auf Anfrage, ob der BND bei Entführungsfällen in der Vergangenheit die US-Dienste um Hilfe gebeten und gezielt nach Kommunikationsdaten deutscher Staatsbürger gefragt habe, sagte ein Regierungssprecher der Zeitung: «Es ist bekannt, dass es zwischen den deutschen Nachrichtendiensten und US-Diensten eine langjährige Kooperation gibt. Zu Einzelheiten dieser Kooperation nimmt die Bundesregierung in der Öffentlichkeit nicht Stellung, sondern nur vor dem dazu eingerichteten Parlamentarischen Kontrollgremium.»
Aus US-Regierungskreisen habe «Bild» ebenfalls erfahren, dass PRISM und eine Reihe anderer streng geheimer Programme nahezu alle elektronische Kommunikation von Nicht-Amerikanern im Ausland aufzeichnen, auch in Deutschland. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hatte auf seiner USA-Reise gesagt, dass PRISM gezielt nach Inhalten «zu Terrorismus, Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und organisierter Kriminalität» suchen würde. Anders als von Friedrich dargestellt, speicherten Programme wie PRISM aber flächendeckend alle Inhalte von elektronischer Kommunikation. Das habe «Bild» von mehreren Quellen erfahren, die mit den Programmen vertraut sind. Die Inhalte würden in der Regel nach drei bis sechs Monaten gelöscht. Die sogenannten Metadaten (Wer hat wem wann gemailt? Was stand in der Betreffzeile?) würden hingegen für immer gespeichert. Die US-Dienste bezeichneten diese Methode der Vorratsdatenspeicherung als «Warehousing».