Bericht: Mehrstündige Reclaim the Streets-Party auf den Kölner Ringen

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Circa 500 Unterstützer_innen des Autonomen Zentrum Köln veranstalteten am Samstag, den 8. Juni 2013, eine Reclaim The Streets Party auf den Kölner Ringen zwischen Rudolf- und Friesenplatz und legten damit den Verkehr auf der vierspurigen Straße für über drei Stunden komplett lahm. Hier ein Bericht dazu, den wir Euch nicht vorenthalten wollen.

 

Im Rahmen der Kampagne KEIN TAG OHNE! für den Erhalt des Autonomen Zentrums (AZ) in Köln-Kalk fand am Samstag eine Reclaim The Streets-Aktion statt, unter dem Motto „Nehmt ihr uns das AZ, nehmen wir uns die Stadt“. Die Unterstützer_innen zeigten, dass – solange das AZ bedroht ist – sie sich jederzeit ungefragt öffentlichen Raum nehmen werden. Nach dieser Aktion sollte den Verantwortlichen in Stadt und Politik nochmals deutlich geworden sein, dass es keinen Normalbetrieb in der Stadt geben wird, solange der Betrieb des Autonomen Zentrums nicht sichergestellt ist.

Ohne vorherige Veröffentlichung konnten circa 400 Unterstützer_innen mobilisiert werden, die mit mobilen Soundsystems, Sofa, Teilen des Inventars des AZ-Umsonstladens, Sambatrommeln, Straßenkreide, Federball und Frisbees bewaffnet pünktlich um 16 Uhr die Straße in Beschlag nahmen. Die Zufahrten zum Hohenzollernring nördlich ab der Kreuzung Friesenplatz und von Süden auf Höhe Palmstraße/Limburgerstraße wurden mit Absperrband und Transparenten abgesperrt. Auf den Transparenten war unter anderem zu lesen „Autonomes Zentrum bleibt“ „Reclaim the streets“ „Kein Tag ohne Autonomes Zentrum“. Zudem gab es ein Solitransparent für die Besetzer_innen des Geziparks und des Taximplatz in Istanbul und ihrer Forderung des Abtritts der türkischen Regierung.

 

Polizei wurde erfolgreich überrascht

Nur wenige Minuten zuvor war eine Demonstration ebenfalls in Solidarität mit #occupygezi von linken deutsch-türkischen Gruppen vom Rudolfplatz Richtung Heumarkt aufgebrochen. Die dort anwesende Polizei begleitete den Demonstrationszug und verließ sehr zur Freude der AZ-Aktivist_innen den Rudolfplatz vollständig. Die Polizeibeamt_innen waren sichtlich überrascht als sie kurze Zeit später zum Ort des Geschehens zurückkehrten. Ihnen blieb angesichts der Zahl der Menschen und weiterer hinzukommender Unterstützer_innen nichts anderes übrig als sich zunächst auf die Regelung des Verkehrs zu beschränken, das bunte Treiben zu beobachten und – illegalerweise – die Versammlung auf der Straße abzufilmen.

Nach drei Stunden Picknick, Musik, Tanz und Spiel auf der Straße überraschten die Aktivist_innen die Polizei erneut mit einem „geordneten“ Abzug. In einem bunten Demonstrationszug, begleitet von Sambatrommeln und „Kein Tag ohne Autonomes Zentrum“-Sprechchören, zog die mittlerweile auf über 500 Personen angewachsene Menschentraube durch das Belgische Viertel in Richtung Grüngürtel. Während Passant_innen der Demo zujubelten und applaudierten und gerne Infomaterialen entgegennahmen, verfolgte die Bereitschaftspolizei die Demo mit ratlosen Blicken bis in den Park. Dort ließen sich die Demonstrierenden zwischen den sonstigen Parkbesucher_innen in der Sonne nieder und beobachteten belustigt die verwirrte Polizei, die sich nach kurzer Zeit komplett aus dem Park zurückzog. Die Elektromusik wurde wieder aufgedreht und gemeinsam mit anderen Menschen im Park die gelungene Aktion gefeiert.

Als Bilanz des Tages lässt sich festhalten, dass mehrere hundert Menschen in bester Laune gezeigt haben, dass sie für das AZ auf die Straße gehen werden und jederzeit zu kreativen und spontanen Aktionen bereit sind. Während der gesamten Aktion kam es zu keiner einzigen Festnahme oder Personalienfeststellung.

Den Vertreter_innen der Stadt – allen voran der SPD und Bürgermeister Roters, die derzeit die Pläne zu Räumung und Abriss des AZ vorantreiben – sollte allerdings bewusst sein, dass im Falle einer Räumung des AZ, die Unterstützer_innen noch weitere Überraschungen parat haben.

 

Zum Hintergrund

Im April 2010 wurde ein seit Jahren leerstehendes Gebäude in Köln-Kalk von Aktivist*innen besetzt und das Autonome Zentrum Köln gegründet. In den letzten drei Jahren ist dort ein selbstorganisierter Raum für emanzipatorische Politik, Kunst und Kultur entstanden. Seit 2011 gibt es einen Nutzungsvertrag für das AZ, der nun gekündigt wurde.

Das AZ Köln ist ein Treffpunkt für Menschen aus den verschiedensten sozialen, politischen und kulturellen Zusammenhängen. Es bietet einen unkommerziellen Raum für Infoveranstaltungen, Gruppentreffen, Konzerte, Parties, Kneipen, Essen, Werkstätten, Umsonstladen, Kino, Ausstellungen und vieles mehr. Im AZ finden seit dem ersten Tag jeden Monat über 50 selbstorganisierte Veranstaltungen statt. Das macht über 2000 Veranstaltungen in den letzten drei Jahren – alles umsonst oder gegen kleine Spende.

Zum 30. Juni 2013 wurde der Nutzungsvertrag durch die Stadt Köln ersatzlos gekündigt. Politisch verantwortlich ist vor allem die Kölner SPD. Sie will die polizeiliche Räumung und den Abriss des Gebäudes. Stattdessen soll dort der Ausläufer eines Grünstreifens entlang gezogen werden. Ab dem 1. Juli ist das AZ also akut räumungsbedroht.

Damit das AZ nicht einfach dem Erdboden gleichgemacht wird, gibt es die Kampagne KEIN TAG OHNE! Ziel der Kampagne ist es auf den politischen Angriff auf das AZ aufmerksam zu machen, mit vielfältigen Aktionen für den Erhalt des AZ zu kämpfen und nicht zuletzt den Widerstand gegen die Räumung zu organisieren.

Derzeit mobilisiert die Kampagne mittels einer Info&Mobitour zur Verteidigung des Autonomen Zentrums. Im Rahmen der Aktionswoche GATHER&RESIST vom 28.6. bis 7.7. werden Aktivist_innen aus diversen Städten Deutschlands und des näheren europäischen Auslands erwartet.

 

Weitere Informationen:
Website der Kampagne: keintagohne.az-koeln.org
Und unter: gatherandresist.tk

 

Den Bericht mit weiteren Fotos findet ihr auch hier.