Burschenschaft - Spaltung nach Rechtsruck?

Erstveröffentlicht: 
20.05.2013

Diese Woche kommt die umstrittene Deutsche Burschenschaft wieder in Eisenach zusammen. Manche befürchten, dass das Treffen noch stärker von den Konservativen dominiert werden könnte als im Vorjahr.

 

Eisenach/Berlin –  Die Mitgliedschaft in einer Studentenverbindung hat Michael Büge vor wenigen Tagen seinen Job gekostet. Weil der Staatssekretär von Berlins Sozialsenator Mario Czaja (CDU) nicht aus seiner Burschenschaft Gothia austreten wollte, wurde er von seinem Chef nach langem öffentlichen Streit vor die Tür gesetzt. Ein bemerkenswerter Vorgang, der viel darüber aussagt, wie umstritten die studentischen Männerbünde sind.

 

Der große und besonders streitbare Dachverband der Verbindungen, die Deutsche Burschenschaft (DB), kommt von diesem Donnerstag (23. Mai) an in Eisenach (Thüringen) wieder zum traditionellen Burschentag zusammen. Das Treffen, zu dem nach Angaben der Stadtverwaltung bis zu 400 Burschen und etwa 250 Gegendemonstranten erwartet werden, dürfte die Kontroverse um die Burschenschaften weiter anheizen - wohl auch, weil die Burschenszene immer mehr auf die Spaltung zusteuert.

 

Konservative gegen Liberale

Dass es innerhalb der Burschenschaften im allgemeinen sowie innerhalb der DB im speziellen einen konservativen und einen liberalen Flügel gibt, das wurde in den vergangenen zwei Jahren immer offensichtlicher. Der Hauptvorwurf der Liberalen an die Konservativen lautet, sie bekämpften rechtsextreme Strömungen in den eigenen Reihen nicht entschieden genug.

Auf dem Eisenacher Burschentag im Mai 2012 war es zu einem derart heftigen Streit zwischen den konkurrierenden Strömungen gekommen, dass die Burschen im November einen außerordentlichen Burschentag in Stuttgart abhielten, um über eine vollständige Auflösung des Dachverbandes zu entscheiden. Dieser Schritt blieb dann aber aus.

 

Trotzdem seien seit dem Burschentag im vergangenen Jahr schon 25 liberale Bünde aus der DB ausgetreten, sagt Christian J. Becker, Sprecher der Initiative „Burschenschafter gegen Neonazis“. Damit seien nun noch etwa 100 Verbindungen in der DB verblieben.

Becker selbst gehörte der Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn an - bis diese ihn ausschloss, weil er öffentlich mehrfach auf rechtsextremes Gedankengut innerhalb der Verbindungen hinwies. Eine Folge dieser Austritte, sagt Becker, sei, dass die DB als Organisation nun noch weiter nach rechts gerückt sei. „Insofern werden die rechten Tendenzen innerhalb der DB in diesem Jahr noch deutlicher in Eisenach hervortreten als im vergangenen Jahr.“

Ähnliches befürchtet auch Katja Wolf (Linke), Oberbürgermeisterin von Eisenach. Sie macht keinen Hehl daraus, dass sie wenig erfreut ist über die jährlichen Besuche der Burschen in ihrer Stadt. Aber, sagt sie, sie habe nun mal qua Amt einen bestehenden Vertrag der Stadt mit der DB geerbt. Den müsse Eisenach erfüllen, sonst drohten der völlig verarmten Kommune Schadenersatzforderungen.

Die DB kommt alljährlich in die Westthüringer Stadt - ein wesentlicher Bezugspunkt für ihre Traditionspflege ist das Wartburgfest 1817. Schon damals trafen sie sich auf der historischen Burg und forderten einen einheitlichen deutschen Nationalstaat. Zu Vorwürfen des Rechtsrucks will sich bei der DB niemand äußern. Eine Anfrage an den amtierenden Sprecher des Verbandes, ein Mitglied der als konservativ geltenden Wiener Burschenschaft Teutonia, bleibt unbeantwortet.
Neuer Dachverband geplant

Schon seit langem zeichnet sich also die Spaltung der Burschenszene ab, der offene und endgültige Bruch blieb aber bislang stets aus. Nun haben die Liberalen im Vorfeld des Eisenacher Burschentages ihre Kräfte gebündelt.

Zwar sei wohl bei vielen eine gewisse Ernüchterung eingetreten, weil sich weder der Austritt aus der DB noch die Gründung eines neuen Dachverbandes so leicht bewerkstelligen lasse, wie man sich das vielleicht gedacht habe, sagt Becker. Doch ein Treffen der Liberalen in Bonn vor wenigen Wochen - die sogenannten Bonner Märzgespräche - hätten noch einmal den Willen der Nicht-Konservativen beflügelt, sich tatsächlich zu organisieren.

Das große Ziel sei, spätestens 2015 mit einem neuen Dachverband aufzutreten, sagt Becker - wenn sich die Gründung der ersten Burschenschaft in Jena zum 200. Mal jährt. (dpa)