Aktivist in Chiapas ermordet

Juan Vázquez Guzmán

Juan Vázquez Guzmán, Aktivist aus San Sebastián Bachajón, Chiapas, wurde in der Nacht des 24. April 2013 vor seinem Haus durch sechs Schüsse getötet. Die Täter*innen sind noch nicht identifiziert und es bleibt abzuwarten, ob eine Untersuchung und Aufklärung des Mordes durch die mexikanischen Behörden stattfinden wird.

 

Juan war seit 2007 im Landkreis Chilón für die Verteidigung des Bodens (Ländereien) in seiner Gemeinde Bachajón gegen staatliche Enteignung aktiv eingetreten und engagierte sich in der mexikoweiten zivilgesellschaftlichen Otra Campaña/ La Sexta (Andere Kampagne).

Selbst Kleinbauer, setzte er sich für die Rechte der indigenen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in seiner Region ein, die v.a. durch staatlich forcierte Tourismusprojekte, im Gebiet der Wasserfälle ´Agua Azul`, in ihrer Existenzgrundlage bedroht sind.

 

Der Konflikt, um Land in Allgemeinen, und speziell um die Ländereien im touristisch attraktiven Naturgebiet nahe San Sebastián Bachajón hat in Teilen der Bevölkerung weitreichenden Widerstand gegen die staatliche Vereinnahmung der Naturressourcen erzeugt.

Ein Hauptkonflikt betrifft die touristische Nutzung der Wasserfälle und deren anliegenden Ländereien sowie die Einnamen aus selbigen.

 

Die Aktivist*innen fordern, als Ejidoeinwohner*innen und im Rahmen ihrer indigenen Selbstbestimmung, ihr Mitspracherecht im Bezug auf die Umsetzung von Entwicklungs- und Infrastrukturmaßnahmen innerhalb ihrer Gemeinden, gemäß ILO-Konvention 169, sowie eine Beteiligung an den Einnahmen durch den Tourismus. Sie lehnen die einseitige touristische Nutzung des Gemeindelandes (Ejido) und die damit verbundenen touristischen Zukunftspläne der Regierung ab.

 

Während der Auseinandersetzungen in der Region kam es zu starken Spaltungen innerhalb der Bevölkerung sowie gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den oppositionellen Aktivist*innen auf der einen und Projektbefürworter*innen und Polizei/staatlichen Behörden auf der anderen Seite.

 

Die Regierungsbehörden reagierten mehrfach mit massiver Repression. Im Jahr 2009 wurden mehrere Aktivist*innen monatelang willkürlich eingesperrt. 2011 wurden sogar zeitweilig 117 organisierte Aktivist*innen unrechtmäßig inhaftiert.

 

Als Sprecher und Delegierter der Aktivist*innen von Bachajón sprach sich Juan offen, laut und international wahrnehmbar gegen die Ausbeutung der Natur und die Vertreibung der Bewohner*innen dieser Region durch geplante, staatliche Tourismusprojekte aus.

Er setzte sich für politische Gefangene ein und klagte die politische Justiz in Mexiko unüberhörbar an.

Für diesen unerschrockenen Kampf, für die kollektiv genutzten Ländereien und Rechte der indigenen Bevölkerung, wurde er umgebracht.

 

Sozialen Bewegungen, wie in San Sebastián Bachajón, die sich lokal organisieren und Widerstand gegen ihre Marginalisierung und Entrechtung leisten, sind seit 2012 wieder verstärkt staatlichen und parastaatlichen Repressionen ausgesetzt.

In diesem Klima der strukturellen Unsicherheit, erzeugt durch die Aufstandsbekämpfung und Straflosigkeit, haben die Opfer (von Verfolgung, Verschwindenlassen, Folter und Mord) und ihre Angehörigen wenig Hoffnung auf Gerechtigkeit.

 

Dennoch ist die Forderung nach Aufklärung des Mordes ein Teil der wütenden Botschaft der Kampfgefährt*innen von Juan.

 

Auch in Europa löste die Nachricht der Ermordung Juans große Trauer und Wut aus. Verschiedene Solidaritätsgruppen aus ganz Europa beteiligten sich an diesem hier übersetzten Kondolenz- und Solidaritätsschreiben:

Desde Europa: condolencias y solidaridad ante el asesinato de Juan Vázquez

An Juan Vázquez Guzmán, an seine Familie und Compañer@s (Freunde, Kameraden)
An die Compañer@s von San Sebastián Bachajón;
An die Sexta;

  1. April 2013

Eine starke Umarmung, mit Wut, Empörung und Trauer von den unten unterschreibenden Kollektiven.

Gerade haben wir die Nachricht des Mordes an Juan Vázquez Guzmán erhalten, ex-Generalsekretär der Anhänger*innen der Sexta des Ejido San Sebastián Bachajón, welche auch als Andere Kampagne bekannt ist.

Wir haben verschiedene Botschaften gelesen, die uns nach und nach erreichten und alle erinnern sich an den Freund und Genossen (Compañero) Juan wegen seinem großen Engagement und seinem überzeugten Einsatz für das Land und das Territorium, an seinen ständigen Kampf gegen Landraub, Tritte und Ausbeutung der Wasserfälle von Agua Azul durch die Regierung und gegen die Auferlegung des Kassenhauses. Der Compañero hat sich auch mit den Gefangenen solidarisiert die nach und nach im Gefängnis landeten, als einzige Botschaft der Regierung, außer Mord. Das Video über den Kampf für die Freiheit der Gefangenen von Bachajón und die Verteidigung des Territoriums, ist um die Welt gegangen, als ein Beispiel der Rebellion des Engagements und des würdigen Kampfes um Land. Heute geht es wieder um die Welt in Gedanken an den Compañero Juan der ermordet wurde.

Was können wir sonst noch von der aktuellen Regierung erwarten und von den vorigen, diese Sache hat schon eine lange Geschichte von Willkür und Missbrauch. Daran erinnert man sich, das vergisst man nicht, man vergisst nicht das Juan Vázquez seit dem Jahre 2007 überzeugt und engagiert war, in der Verteidigung des Landes. Erst kürzlich, am 17. April klagten die Anhänger*innen der sechsten Erklärung aus dem Lakandonischen Urwald, öffentlich an, das ihr Territorium bedroht wurde und wird, durch die offizielle Politik des Landraubs durch die aktuelle Regierung von Chiapas und ihre Vorgänger.

Compañero Juan Vázquez Guzmán, du bist hier weiterhin präsent, dein Kampf hat viele Wege hinter sich, hat Furchen in die Erde gegraben um weiter Samen der Würde zu pflanzen. Dies ist etwas, was die Regierung nicht versteht und niemals verstehen wird. Du bist weiterhin hier und auch der Weg geht weiter, die Erinnerung wird hoch gehalten mit starkem Engagement.

Von hier aus, Compañero, schicken wir eine Umarmung. An deine Familie und Compañer@s, die deinen Weg des Kampfes begleitet haben. Wir schicken euch unser ehrliches Beileid und versichern unsere Solidarität mit eurem Kampf. Ihr sollt wissen, ihr seid nicht allein. Hier sind wir Compañer@s, wir sehen es, auch aus der Entfernung sind wir ganz nah an eurem Schmerz. Hier sind wir und klagen weiterhin an. Nichts kann versteckt werden und es soll der schlechten Regierung von Manuel Velasco Coello, sowie all seinen Vorgängern und derer die kommen, klar sein.

Gebt nicht auf Compañer@s, macht weiter. Nehmt unser aufrichtiges Beileid voller Wut, der Kameradschaft und Rebellion.



Wir vergessen nicht ! Der Kampf geht weiter !“



weitere Infos:

Mitteilung des Menschenrechtszentrums FrayBa: http://www.frayba.org.mx/archivo/boletines/130503_asesinato_juan_vazquez.pdf

aktueller Artikel von Luz Kerkeling: http://www.jungewelt.de/2013/05-08/002.php?sstr=bachajon

Hintergrundartikel über den Konflikt in San Sebastián Bachajón aus dem Jahr 2011: http://www.lateinamerikanachrichten.de/index.php?/artikel/4049.html

original Kondolenz- und Solidaritätsbrief des Caracols Zaragoza: http://www.europazapatista.org/#post2217