Jetzt fliegen auch in Wilhelmsburg die Steine

Erstveröffentlicht: 
04.04.2013

Die IBA dran schuld?: Jetzt fliegen auch in Wilhelmsburg die Steine

 

Steinattacken gegen Design-Läden kannte man bislang nur aus Ottensen oder dem Schanzenviertel. Doch jetzt bersten auch in Wilhelmsburg die Schaufensterscheiben! Der Konflikt um die Internationale Bauausstellung (IBA) und die Veränderung des Stadtteils verschärft sich.

 

Traurig steht Jörg Rickert (44) vor seinem Dekoladen „Messie de luxe“ in Wilhelmsburg. Das Schaufenster ist notdürftig mit Klebeband geflickt, Unbekannte haben einen großen Pflasterstein in den Laden geworfen. Und das nur, weil sein Laden in einer Broschüre der IBA steht.


Betrübt schaut Jörg Rickert (44) in die Kamera. Sein Schaufenster ist zerstört.. In der Hand hält er den IBA-Reiseführer, in dem sein Laden als „Designtipp“ empfohlen wird.

Rickert vermutet, dass die Täter Angst vor der Veränderung im Stadtteil und steigenden Mieten haben. Seit elf Jahren lebt er auf der Elbinsel, vor zwei Jahren eröffnete er mit einem Kompagnon das Geschäft an der Mokrystraße. Das zerstörte Schaufenster ist bereits der zweite Anschlag auf seinen Laden!

 

Alles begann mit der Veröffentlichung eines IBA-Reiseführers im November. In dem Buch wird der Laden als sogenannter „Designtipp“ angepriesen. „Nur zwei Tage nach der Veröffentlichung des Reiseführers ist unser Schaufenster mit brauner Farbe bespritzt worden“, sagt Rickert. Ein Schock: „Wir stecken so viel Herzblut, Zeit und Liebe in diesen Laden. Die Anschläge sind eine Gemeinheit.“ Rickert hat beide Anschläge angezeigt – bisher konnten die Täter aber nicht gefasst werden.

Rickert versteht die Ängste der IBA-Gegner, die Bauausstellung könnte für eine Erhöhung der Mieten sorgen und ärmere Bewohner aus dem Stadtteil vertreiben. „Ich hatte auch schon eine Mieterhöhung“, sagt er. „Trotzdem kann ich nicht nachvollziehen, wieso ich als Unschuldiger unter den Anschlägen leiden muss.“

 


Meine Meinung

Wie arm ist das denn! Da formieren sich im Schutze der Nacht ein paar Gestalten zum Sturmtrupp gegen steigende Mieten und fühlen sich wie Revoluzzer. Doch was kann ein kleiner Ladenbetreiber dafür, wenn sich ein Quartier verändert? Natürlich haben die Wilhelmsburger ein Recht darauf, vor den negativen Folgen der Aufwertung ihres Stadtteils geschützt zu werden. Das darf und muss man politisch einfordern. Aber Scheiben einzuwerfen ist kein politischer Akt – es ist einfach nur asozial.

Frank Wieding/ Leiter Hamburg-Redaktion