Der in der kommenden Woche in Berlin stattfindende Europäische Polizeikongress beschäftigt sich in diesem Jahr schwerpunktmäßig mit dem Thema "Schutz und Sicherheit im digitalen Raum". Dabei referieren überwiegend Polizeipraktiker, während Datenschützer oder Bürgerrechtler in diesem Jahr nicht dabei sind. Dies kritisiert die Piratenpartei, während die Polizeigewerkschaft den Fokus auf den Cyberspace lobt. Bedenklich seien allerdings Versuche, private Ermittler mit polizeilichen Aufgaben zu betrauen.
Auf dem Europäischen Polizeikongress, der vom Staats-Innensekretär Klaus-Dieter Fritsche eröffnet wird, steht Cybercrime im Mittelpunkt. Wie können Polizeibeamte in sozialen Netzwerken ermitteln, was ist mit der organisierten Kriminalität im Netz, wie kann Produktion und Verbreitung von Kinderpornographie gestoppt werden – das sind die Themen der Veranstaltung des Behördenspiegels. Erstmals tritt auch Troels Oelting auf, der Leiter des neuen Europäischen Cybercrime Centers
Die Piratenpartei übt deutliche Kritik an der Veranstaltung, die als "Eliteveranstaltung von Sicherheitsideologen" bezeichnet wird. Bemängelt wird vor allem, dass keine Vertreter der Zivilgesellschaft, keine Bürgerrechtler und Datenschützer eingeladen wurden. Solange die Veranstaltung nicht ausgewogen und transparent ausgestaltet sei, müsse sie boykottiert werden, wird der stellvertretende Bundesvorsitzende Markus Barenhoff zitiert.
Unterstützung für den Kongress kommt von der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Weil die digitale Kriminalität zunehmend die innere Sicherheit Deutschlands bedrohe, seien solche Veranstaltungen wichtig. GdP-Vorsitzender Bernhard Witthaut appellierte an die Wirtschaft, Cyber-Verbrechen anzuzeigen, auf dass die Polizei Ermittlungen aufnehmen könne. Die Tendenz der Wirtschaft, bei IT-Vorfällen private Ermittler zu beschäftigen, betrachte die GdP mit Sorge. Ausdrücklich begrüßte Witthaut jedoch die Zusammenarbeit von Polizei und Privatfirmen bei der erfolgreichen Ermittlung in Sachen BKA-Trojaner.
Gegen den Polizeikongress wendet sich ein Bündnis verschiedener Menschenrechts-Verbände, die zu einer Demonstration am Ort der Veranstaltung aufgerufen haben. Im Zusammenhang mit dieser Aktion hatte zuvor eine Aktion "Camover" dazu angestachelt, "Kampfgruppen" zu bilden, die Überwachungskameras zerstören oder abmontieren sollten. An die "Lieben Freunde der blendenden Zerstörung" gerichtet, werteten die "Kämpfer gegen staatliche Überwachung" die Aktion als vollen Erfolg, auch wenn überwiegend Kameras von Privatfirmen erbeutet wurden. Mit der Ankündigung eines "Freiwurfes" einer erbeuteten Kamera aus der zweiten Demonstrationsreihe dürfte der Demonstration die durchgehende Videoaufzeichung durch die Polizei sicher sein. Deshalb wird eine zweite, nicht angemeldete Demonstration geplant. (Detlef Borchers) / (axk)