Burschentag rauswerfen?

Erstveröffentlicht: 
30.11.2012

Fragwürdig

Katja Wolf, LINKE, ist Oberbürgermeisterin von Eisenach, Gastgeber des Burschentages

 

nd: Wie bewerten Sie die Vorgänge innerhalb der Deutschen Burschenschaft nach der Machtverschiebung am vergangen Wochenende?
Wolf: Ich sehe sie mit äußerster Sorge. Jeder, der sich mit den Machtkämpfen innerhalb der Burschenschaften beschäftigt, muss sehen, dass es sich um eindeutig rechtsradikale Tendenzen handelt, die man nicht mehr mit neokonservativen Blickrichtungen abtun kann.

 

Ab welchem Punkt sollte Eisenach nicht mehr Gastgeber des Burschentages sein?
Die jetzige Entwicklung ist aus meiner Sicht schon nicht mehr akzeptabel. Wenn Anträge abgelehnt werden, Burschenschaften und Burschenschafter auszuschließen, die eindeutig verfassungsfeindlich agieren, dann sind einfach Schmerzgrenzen überschritten. Und wenn die Frage von Ariernachweis und all den Diskussionen, die in dem Zusammenhang gelaufen sind, auftauchen, dann ist das nicht mehr Meinungsfreiheit. Sondern das geht in eine eindeutig rechtsradikale Richtung, die nicht mehr akzeptabel ist und die man auch nicht mehr ignorieren kann.

 

Heißt das, Sie werden bereits aktiv?
Ja. Der Machtkampf läuft zwar noch, und sollten die eher wertkonservativen liberalen Kräfte Oberwasser gewinnen, muss man die Situation neu betrachten. Aber nach dem jetzigen Stand werden wir aktiv. Die Halle ist Eigentum der Stadt und an der Stelle sind wir als Vermieter gefragt.

 

Gibt es in Eisenach dafür Unterstützer?
Natürlich werden die Meinungen gespalten sein. Denn auf der anderen Seite war der Burschenschaftstag bisher für Eisenach immer ein Wochenende, an dem alle Betten vermietet und die Gaststätten voll waren. Von daher war es ein wirtschaftlicher Aspekt für die Stadt, das kann man nicht ignorieren. Wenn man aber deutlich macht, wie sehr sich Burschenschaften von ihrer sowieso schon sehr konservativen Ausrichtung aus in der letzten Zeit nochmal radikalisiert haben, dann gehe ich davon aus, dass es da auch eine breite Unterstützung in der Eisenacher Bürgerschaft gibt. Auch im Stadtrat wird das entsprechend mitgetragen werden, denke ich.

 

Wer trifft denn letztendlich die Entscheidung?
Ich. Im Moment sind wir in der etwas unglücklichen Situation, dass es noch einen Vertrag mit den Burschenschaften gibt. Es gibt aber ein außerordentliches Kündigungsrecht. Das ist schon vorbereitet und wird in den nächsten Tagen eingeleitet.

 

Eisenach ist ein historischer Ort für die Burschenschaften. Rechnen Sie denn mit einer Gegenwehr?
Das ist jetzt Lesen im Kaffeesatz. Für mich ist die Situation relativ eindeutig, nämlich dass Eisenach keine Gastfreundschaft gegenüber Rechtsradikalen zeigen wird. Da sind alle Grenzen aus meiner Sicht im Moment überschritten. Und von daher ist für mich erst einmal wichtig, hier ganz klar die Notbremse zu ziehen.

 

Der Burschentag könnte sich einen anderen Veranstaltungsort in Eisenach suchen.
Wenn sich die Burschenschaften in Eisenach einen anderen Austragungsort suchen, mit dem die Stadt nichts zu tun hat, ist unsere Handlungsbasis natürlich eine schwierigere.

Fragen: Marlene Göring