Berlin-Moabit: Restaurant "Postkutsche" - Wenn der Hass zum Stammgast wird

Wirtin Karin Ruch steht hilflos vor der demolierten Fassade ihres Restaurants
Erstveröffentlicht: 
26.11.2012

Moabit: Die Postkutsche wurde wieder zum Ziel von Chaoten. Dort organisierten Neonazis im September ein Treffen.

Seit dreißig Jahren betreibt Karin Ruch das Restaurant „Postkutsche“ am Nettelbeckplatz. Zu ihren Gästen gehören viele Besucher mit Migrationshintergrund. Jetzt geriet die Weddinger Wirtin ins Visier gewaltbereiter Linksaktivisten. Bei ihr ist der Hass zum Stammgast geworden.

 

Wieder flogen Steine in alle Fenster der Gaststätte. Teerbomben klatschten gegen die Fassade. Eine Anwohnerin sah sieben Vermummte flüchten, darunter eine Frau. Es ist der zweite Anschlag auf das Restaurant in fünf Wochen.

 

Am Sonntag steht die über 70-jährige Betreiberin vor einem Schlachtfeld aus geborstenem Glas und schwarzer Masse, als sei eine Welle aus Erdöl gegen die Fassade geschwappt. „Die machen meine Existenz kaputt“, sagt sie entmutigt. Die letzte Attacke am 20. Oktober, bei der die komplette Glasfassade zu Bruch ging, hat sie 20.000 Euro gekostet.

 

Hintergrund ist ein Treffen des Hoffmann-von-Fallersleben-Bildungswerks am 18. September, das die linke Szene gegen die Wirtin aufbrachte. Dass die Veranstaltung von bekannten Neonazis organisiert wurde, ahnte Karin Ruch nicht: „Ich kann die doch nicht an ihren Gesichtern erkennen.“

 

Auch der Grünenpolitiker Daniel Gollasch (29) hatte die Kampagne gegen die „Postkutsche“ mit befeuert. Nach der ersten Attacke verurteilte er aber Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung. Der B.Z. sagte er: „Leider finden Appelle von Grünen-Politikern in diesem Milieu nicht immer die gewünschte Wirkung.“