Die einen beharren auf konservativen, teils rechtslastigen Vorstellungen, die anderen fordern eine Liberalisierung. Ein außerordentlicher Burschentag soll die Fronten klären.
Die Deutsche Burschenschaft will ihre seit langem andauernden Flügelkämpfe beenden. Auf einem außerordentlichen Treffen wird der Dachverband von Studentenverbindungen von Freitag bis Sonntag versuchen, die Querelen zu beenden und seine Einheit zu retten. In Stuttgart geht es dabei vor allem um den Umgang mit rechtsradikalen Tendenzen und die Aufnahmepolitik der studentischen Verbindungen. Die rund 100 angeschlossenen Burschenschaften haben geschätzt 10 000 Mitglieder.
Im Juni war der Burschentag in Eisenach in Thüringen vorzeitig aufgelöst worden, weil sich die Kontrahenten so sehr zerstritten hatten, dass keine Einigung mehr möglich schien. Die liberale Initiative Burschenschaftliche Zukunft (IBZ), die etwa 25 Gruppen vertritt, drohte sogar mit Austritt.
"Inzwischen hat es einige Gespräche hinter den Kulissen gegeben", sagt der Sprecher der Deutschen Burschenschaft, Walter Tributsch. "Ich gehe davon aus, dass alle einen starken Verband wollen und es nicht zur Spaltung kommt." Auch Michael Schmidt von der IBZ mit Sitz in Stuttgart will das Tischtuch nicht vorschnell zerschneiden. "Allen ist klar, dass sich etwas bewegen muss."
Gegenpart der IBZ ist die konservative Burschenschaftliche Gemeinschaft (BG), mit etwa 40 Gruppen die stärkste Vereinigung innerhalb des Verbandes. An einem ihrer Vordenker, dem Chefredakteur der Verbandszeitschrift Norbert Weidner, hatte sich der Streit in Eisenach entzündet. Weidner hatte den NS-Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer als Landesverräter und dessen Hinrichtung als "juristisch gerechtfertigt" bezeichnet. Dafür muss er sich inzwischen vor Gericht verantworten. Die Liberalen wollten ihn abwählen, verfehlten jedoch die Mehrheit. In Stuttgart wollen sie einen neuen Anlauf nehmen.
Nicht zuletzt soll geklärt werden, welche Kriterien ein Student erfüllen muss, um in einer Burschenschaft aufgenommen zu werden. Die Konservativen fordern Deutschstämmigkeit, die Liberalen wollen eine Öffnung.
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