Griechische Polizei verweist Verbrechensopfer an "Goldene Morgenröte"

Erstveröffentlicht: 
02.11.2012

Rechtsextreme seit Parlamentseinzug im Aufwind: Mittlerweile laut Umfragen drittstärkste Partei

Im krisengeschüttelten Griechenland drängen Mitglieder der rechtsextremen Partei "Goldene Morgenröte" in immer mehr Bereiche, die früher dem Staat vorbehalten waren. Sie organisieren Lebensmittelverteilungen, geben Kleider an Bedürftige aus und organisieren mittlerweile sogar eine Blutbank und eine Arbeitsvermittlung - alles "nur für Griechen".

Da die "Morgenröte" auch von vielen griechischen Polizisten unterstützt wird, die über schlechte Bezahlung und gewalttätige Demonstranten klagen, ist ein Graubereich entstanden, in dem sich Beamte an Übergriffen gegen Migranten, Linksaktivisten und Homosexuelle beteiligen oder diese zumindest ungestraft lassen. Die Angreifer gehen mit Holzknüppeln und Eisenstangen gegen ihre Opfer vor, in mehreren Fällen wurden auch Hunde auf Immigranten gehetzt.

 

UNHCR warnt

Ein am 23. Oktober veröffentlichter Bericht des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR dokumentiert 87 rassistische Übergriffe zwischen Jänner und September dieses Jahres, von denen bisher kein einziger bestraft wurde. Die Dunkelziffer dürfte höher liegen, da viele Opfer entweder keine Anzeige erstatten oder von der Polizei abgewiesen werden, so der Bericht.

 

Der Zeitung "To Vima" zufolge gaben bei der Parlamentswahl am 17. Juni die Hälfte der griechischen Polizisten ihre Stimme der "Goldenen Morgenröte". Solche Angaben sind naturgemäß schwer zu überprüfen, auffällig ist allerdings, dass in den Athener Wahllokalen 806 bis 816, wo besonders viele Polizeibeamte ihre Stimme abgeben, die Rechtsradikalen mit bis zu 23,67 Prozent ihr bestes Ergebnis einfuhren. Die "Morgenröte" erreichte damals fast sieben Prozent der Stimmen und ist seither mit 18 Abgeordneten im griechischen Parlament vertreten. Aktuellen Umfragen zufolge wäre sie mittlerweile mit 22 Prozent drittstärkste Partei.

 

Der britische "Guardian" berichtet, dass in mehreren Fällen Personen, die sich über Immigranten beschweren wollten, von der Polizei an die "Goldene Morgenröte" verwiesen wurden. Dort werde man sich ihrer Probleme annehmen, sicherten die Polizisten zu.

 

Abgeordneter "befreit" Demonstranten

Dieses Naheverhältnis zwischen "Morgenröte" und Polizei liefert auch eine Erklärung dafür, dass es dem rechtsradikalen Abgeordneten Christos Pappas bei einer Kundgebung gegen die Aufführung des Theaterstücks "Corpus Christi" in Athen problemlos gelang, einen verhafteten Demonstranten aus dem Arrestwagen zu befreien. Erst als ein Video auftauchte, in dem zu sehen ist, dass die dabeistehenden Polizisten Pappas gewähren ließen, wurden Ermittlungen gegen den Parlamentarier eingeleitet.

 

Ein griechischer Polizeioffizier gab gegenüber dem "Guardian" an, Mitglieder der "Morgenröte" hätten die Sicherheitsbehörden unterwandert. Das Problem sei dem Verfassungsschutz bekannt, dieser unternehme aber nichts dagegen, weil man sich seiner Meinung nach die Möglichkeit offenhalten wolle, die rechten Schlägertrupps gegen linke Demonstranten einzusetzen.

 

Laut dem griechischen Innenministerium soll nun eine neu gegründete Spezialeinheit gegen rassistische Gewalt vorgehen. (red, derStandard.at, 31.10.2012)