Suche nach dem Ausweg aus der Wohnmisere - Subventionieren oder Bauen?.

Erstveröffentlicht: 
27.10.2012

Dem Fazit von Werner Hein, dem Leiter des Amts für Wohnraumversorgung, stimmen alle zu: "Freiburg schmückt sich mit dem Titel ’Green City’ – es wäre schön, wenn wir uns auch mit dem Titel ’Social City’ schmücken könnten." Diese Aussage ist mit einem drängenden Freiburger Problem verknüpft: dem Bedarf an bezahlbaren Wohnungen. "Wie sozial tickt Freiburg beim Wohnungsbau?" hieß darum die Veranstaltung zum zehnjährigen Bestehen der Quartiersarbeit im Stühlinger. Eingeladen hatte deren Träger, der Verein "Nachbarschaftswerk".

 

Was muss man tun, damit Freiburg keine "Stadt für Reiche" wird? Gegen eine solche Entwicklung sprechen sich alle auf dem Podium aus. Vor der Diskussion hatte der Ökonom Matthias Günther vom Pestel-Institut Hannover die derzeitigen Freiburger Trends zusammengetragen: Für Haushalte mit mittleren und geringen Einkommen werde es durch die hohen Mieten immer schwieriger, ihr Zuzug werde "nahezu verhindert", statt dessen kämen andere mit mehr Geld, die schlechter gestellte Einheimische verdrängten. Sebastian Klus, Quartiersarbeiter im Gebiet westlich der Merzhauser Straße, hat dort in den vergangenen Jahren solche Gentrifizierungsprozesse beobachtet. Er hält nichts davon, "auf Teufel komm’ raus" neu zu bauen.

 

Zuschüsse für den Wohnungsbau wie für Nahverkehr und Kultur?


Genau das aber ist für Pia Federer, grüne Stadträtin und Geschäftsführerin des Wohlfahrtsverbands "Der Paritätische", eine Lösung des Problems. Sie – wie die Mehrheit des Gemeinderats – will einen neuen Stadtteil und den Bau von mehr Wohnungen, um den Nachfragedruck zu verringern. Doch Neubau-Mieten seien teurer und ersetzten nicht, was Menschen mit weniger Geld bräuchten, meint Sebastian Klus und fordert eine Abkopplung von den Marktentwicklungen, wie sie der Freiburger Stadtbau für ihre Wohnungen möglich wäre. "Warum muss so ein Unternehmen Gewinn machen?"

Doch, was wäre, wenn Zuschüsse nötig würden, fragt die Moderatorin der Runde, die freie Journalistin Anita Rüffer. "Auch der öffentliche Nahverkehr und die Kultur bekommen Zuschüsse, weil wir das wichtig finden", entgegnet Martin Becker, Professor an der Katholischen Hochschule. Nötig seien "viel größere Anstrengungen" als bisher, um die Probleme in den Griff zu bekommen: "Das ist eine politische Entscheidung." Voraussetzung wäre der Abschied von Mythen wie der Annahme, der Markt regle alles von allein. Steuerung sei notwendig, Möglichkeiten gebe es, wenn sie gewünscht seien – unter anderem durch die Stärkung des Segments günstiger Wohnungen und eine höhere Grunderwerbssteuer, um hohe Renditen durch hohe Mieten mehr als bisher abzuschöpfen. Allerdings ist das Sache des Landes, und die grün-rote Regierung hat sie im vergangenen Jahr erhöht. Skeptiker befürchten, dass Vermieter die höheren Kosten auf die Mieter umlegen.

Werner Hein betonte, dass bereits einiges getan werde: etwa mit Ermäßigungen beim Verkauf von städtischen Grundstücken an Vermieter, die Mietgrenzen einhalten und zumindest einen Teil der Wohnungen besonders günstig vermieten.