Dem Fazit von Werner Hein, dem Leiter des Amts für
Wohnraumversorgung, stimmen alle zu: "Freiburg schmückt sich mit dem
Titel ’Green City’ – es wäre schön, wenn wir uns auch mit dem Titel
’Social City’ schmücken könnten." Diese Aussage ist mit einem drängenden
Freiburger Problem verknüpft: dem Bedarf an bezahlbaren Wohnungen. "Wie
sozial tickt Freiburg beim Wohnungsbau?" hieß darum die Veranstaltung
zum zehnjährigen Bestehen der Quartiersarbeit im Stühlinger. Eingeladen
hatte deren Träger, der Verein "Nachbarschaftswerk".
Was muss man tun, damit Freiburg keine "Stadt für Reiche" wird? Gegen eine solche Entwicklung sprechen sich alle auf dem Podium aus. Vor der Diskussion hatte der Ökonom Matthias Günther vom Pestel-Institut Hannover die derzeitigen Freiburger Trends zusammengetragen: Für Haushalte mit mittleren und geringen Einkommen werde es durch die hohen Mieten immer schwieriger, ihr Zuzug werde "nahezu verhindert", statt dessen kämen andere mit mehr Geld, die schlechter gestellte Einheimische verdrängten. Sebastian Klus, Quartiersarbeiter im Gebiet westlich der Merzhauser Straße, hat dort in den vergangenen Jahren solche Gentrifizierungsprozesse beobachtet. Er hält nichts davon, "auf Teufel komm’ raus" neu zu bauen.
Zuschüsse für den Wohnungsbau wie für Nahverkehr und Kultur?
Genau das aber ist für Pia Federer, grüne Stadträtin und
Geschäftsführerin des Wohlfahrtsverbands "Der Paritätische", eine Lösung
des Problems. Sie – wie die Mehrheit des Gemeinderats – will einen
neuen Stadtteil und den Bau von mehr Wohnungen, um den Nachfragedruck zu
verringern. Doch Neubau-Mieten seien teurer und ersetzten nicht, was
Menschen mit weniger Geld bräuchten, meint Sebastian Klus und fordert
eine Abkopplung von den Marktentwicklungen, wie sie der Freiburger
Stadtbau für ihre Wohnungen möglich wäre. "Warum muss so ein Unternehmen
Gewinn machen?"
Doch, was wäre, wenn Zuschüsse nötig würden, fragt die Moderatorin der
Runde, die freie Journalistin Anita Rüffer. "Auch der öffentliche
Nahverkehr und die Kultur bekommen Zuschüsse, weil wir das wichtig
finden", entgegnet Martin Becker, Professor an der Katholischen
Hochschule. Nötig seien "viel größere Anstrengungen" als bisher, um die
Probleme in den Griff zu bekommen: "Das ist eine politische
Entscheidung." Voraussetzung wäre der Abschied von Mythen wie der
Annahme, der Markt regle alles von allein. Steuerung sei notwendig,
Möglichkeiten gebe es, wenn sie gewünscht seien – unter anderem durch
die Stärkung des Segments günstiger Wohnungen und eine höhere
Grunderwerbssteuer, um hohe Renditen durch hohe Mieten mehr als bisher
abzuschöpfen. Allerdings ist das Sache des Landes, und die grün-rote
Regierung hat sie im vergangenen Jahr erhöht. Skeptiker befürchten, dass
Vermieter die höheren Kosten auf die Mieter umlegen.
Werner Hein betonte, dass bereits einiges getan werde: etwa mit
Ermäßigungen beim Verkauf von städtischen Grundstücken an Vermieter, die
Mietgrenzen einhalten und zumindest einen Teil der Wohnungen besonders
günstig vermieten.