Nürnberg - An die 200 Menschen haben am Samstag erneut für die Freilassung von Deniz K. demonstriert. Der 19-Jährige sitzt in U-Haft, weil ihm die Staatsanwaltschaft versuchten Totschlag an zwei Polizisten vorwirft.
Drei Wochen nach einer Antifa-Kundgebung in der Nürnberger Innenstadt kam das dicke Ende nach. Das Amtsgericht erließ Haftbefehl gegen den 19-Jährigen aus Baden-Württemberg. Die Ermittler werfen ihm vor, mit einer angespitzten Fahnenstange auf eine Polizistin und einen Kollegen losgegangen zu sein. Beide blieben laut Staatsanwaltschaft dank ihrer Schutzmontur zwar unverletzt. Da Deniz K. jedoch mit der Spitze voraus gezielt in Richtung Kopf und Brust gestoßen habe, habe er billigend in Kauf genommen, die Polizisten zu töten, so die Staatsanwaltschaft.
Die Ermittlungsbehörden hängen die Sache ganz hoch. Es sieht so aus, als
wollten sie ein Exempel statuieren und klarmachen, wo die Grenzen sind.
Doch den Menschen, die sich mit Deniz K. solidarisch erklären,
erschließt sich die juristische Argumentation nicht.
Sie kritisieren, dass Polizei und Justiz mit der Inhaftierung „harte
Fakten“ schaffen wollten. Und behaupten, dass es immer noch zweifelhaft
sei, ob Deniz überhaupt an besagter Demonstration teilgenommen habe. Die
Polizei freilich sieht das anders. Sie stützt sich auf Fotos und
Videoaufzeichnungen, auf denen Deniz K. zweifelsfrei zu erkennen sein
soll.
Die gut vernetzte Antifa-Szene organisierte bereits mehrere Kundgebungen
für den 19-Jährigen, unter anderem im Ausland. Am Samstag zogen
geschätzt 200 Demonstranten, der Veranstalter spricht von zirka 250
Menschen, vom Nürnberger Kornmarkt zum Polizeipräsidium und von dort zur
JVA in der Mannertstraße.
Dort sitzt Deniz K. ein — normalerweise. Während der Demo war er in
Stuttgart in Haft. Der Grund: Er hatte dort eine Gerichtsverhandlung.
Angeblich soll er bei den Protesten von „Stuttgart 21“ negativ
aufgefallen sein.
Die U-Haft in Nürnberg setzt Deniz nach Angaben seiner Mutter zu. Er
müsse sich als „der Türke, der die Polizisten umbringen wollte“,
beschimpfen lassen, klagt sie.
Die Antifa-Demonstration vom 31. März wird auch in anderer Hinsicht ein
Nachspiel haben. Stadträtin Marion Padua (Linke Liste) erstattete
Anzeige wegen Beleidigung gegen die Polizei. Ihren Angaben zufolge
sollen ihr Beamte ein Schimpfwort hinterhergerufen haben, nachdem sie
diese gebeten hatte, einen verletzten Demonstranten nicht zu filmen. Es
wird ermittelt. Laut Padua waren mehrere Demonstranten
„niedergeknüppelt“ worden.