Minister versetzt Beamten nach Demo-Einsatz

Innenminister Stahlknecht zog nun personelle Konsequenzen. (FOTO: DPA)
Erstveröffentlicht: 
09.12.2012

VON Rochus Görgen und Petra Buch, 09.01.12, 17:00h

Magdeburg/Dessau-Roßlau/dpa. Der umstrittene Polizeieinsatz bei der Gedenkfeier für Oury Jalloh in Dessau-Roßlau hat personelle Konsequenzen. Ein Dezernatsleiter der Polizeidirektion Ost sei versetzt worden und solle nun an einer anderen Stelle der Landesverwaltung arbeiten, teilte das Innenministerium am Montag in Magdeburg mit. Zunächst war von einem Abteilungsleiter die Rede gewesen. Hintergrund ist, dass die Polizei am Wochenende ein Plakat beschlagnahmt hatte, auf dem der Spruch «Oury Jalloh, das war Mord» stand.


Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) distanzierte sich von der Beschlagnahme. «Ich hätte als Jurist diese Entscheidung nicht so getroffen», sagte er am Montag der Nachrichtenagentur dpa. Die Grünen wiesen in einer Mitteilung darauf hin, dass das Landgericht Magdeburg bereits 2006 entschieden habe, dass derartige Plakate vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt seien.

Inzwischen habe der Polizeipräsident der Direktion nach erneuter Prüfung entschieden, keinen Strafantrag zu stellen, erklärte das Innenministerium. «Das halte ich für die richtige Entscheidung, weil wir auf Deeskalation aus sein sollten», sagte Stahlknecht der dpa. Er verwahre sich aber dagegen, dass Polizisten des Landes als Mörder dargestellt würden.

Zugleich sprach sich der Minister für eine lückenlose Aufklärung des Vorwurfs aus, wonach ein Polizist mit Helm einen Demonstranten mit einem Stoß gegen den Kopf verletzt haben soll. Stahlknecht sagte, er habe sich Videoaufzeichnungen angesehen, die diesen Vorwurf nicht bestätigten. Sie zeigten aber, wie der Demonstrant versuche, mit der Faust auf Beamte einzuschlagen.

An dem Protestzug hatten rund 150 Menschen teilgenommen. Der Afrikaner war am 7. Januar 2005 bei einem Brand in einer Dessauer Polizeizelle ums Leben gekommen. Die genauen Todesumstände gelten bis heute als ungeklärt. Vor dem Landgericht Magdeburg läuft der Prozess gegen einen früheren Dienstgruppenleiter des Dessauer Reviers. Er soll dem Mann aus Sierra Leone bei dem Brand in der Zelle nicht rechtzeitig geholfen haben.

Die Linke forderte die Landesregierung auf, die Vorfälle bei der Gedenkveranstaltung lückenlos aufzuklären. Im Zentrum stehe dabei die Frage, ob der Einsatz der Polizei angemessen war, erklärte die innenpolitische Sprecherin der Fraktion, Gudrun Tiedge, in Magdeburg. Die Grünen verurteilten «aufs schärfste das gewaltsame Vorgehen der Einsatzkräfte der Polizei». Demonstrationsteilnehmer seien nach der Veranstaltung von Polizisten angegriffen und verletzt worden.

Auch der Migrantenrat von Dessau-Roßlau forderte eine öffentliche und lückenlose Aufklärung des Polizeieisatzes. Mit Bestürzung habe man erfahren, dass ein Mitglied des regionalen Migrantennetzwerkes von Polizisten schwer verletzt worden sei, hieß es in einer Erklärung am Montag. Razak Minhel, Koordinator des Migrantenrates, betonte, dass weiterhin Gesprächsbereitschaft bestehe. «Wir wollen den Dialog weiterführen, auch das Gespräch mit der Polizei», sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Laut Minhel leben in Dessau-Roßlau rund 2000 Migranten.

Unterdessen geht der Prozess um den Feuertod Jallohs bis zum Frühjahr weiter. Weil die Nebenklage am Montag am Magdeburger Landgericht eine Vielzahl von Beweisanträgen gestellt habe, seien weitere Termine bis zum 13. März festgelegt worden, teilte ein Gerichtssprecher mit.

Der Prozess am Montag wurde nach Angaben der Polizei in Magdeburg von etwa 30 Demonstranten begleitet, die Transparente zeigten. Sie fordern seit Prozessbeginn eine Änderung der Anklageschrift. Aus ihrer Sicht handelt es sich um Mord.