Weil am Rhein
Ein Neonazi aus Weil am Rhein hatte 22 Kilogramm Zutaten für die Herstellung von Sprengstoff gehortet, wird deshalb aber nicht angeklagt. Dies entschied jetzt das Oberlandesgericht Karlsruhe. 
Der Neonazi wird nun vor dem Amtsgericht Lörrach lediglich wegen 
kleinerer Waffendelikte angeklagt. Konkrete Anschlagspläne seien ihm 
nicht nachzuweisen, urteilte das Oberlandesgericht (OLG). Der Mann hatte
 Chemikalien, Zündschnüre, Bauteile für Fernzünder sowie 
Sprengstoff-Fachliteratur angeschafft. Es sei die größte derartige Menge an Bomben-Grundstoff,
 die je bei einem Neonazi gefunden wurde, sagten die Ermittler bei der 
Festnahme. Binnen weniger Stunden hätte der Mann, der auch den Lörracher
 Stützpunkt der NPD-Jugendorganisation leitete, eine Rohrbombe mit der 
Sprengwirkung einer Handgranate bauen können.
Wie schon das Landgericht Freiburg lehnte nun auch das OLG Karlsruhe 
eine Anklage wegen Vorbereitung eines Sprengstoffverbrechens ab. Eine 
Beschwerde der Lörracher Staatsanwaltschaft wurde abgelehnt. Der Neonazi
 habe noch keine "bestimmte Tat geplant" und nicht einmal konkrete 
Vorstellungen "im Hinblick auf ein Angriffsziel und den 
Angriffszeitpunkt" entwickelt. Dies sei aber nach der Rechtsprechung des
 Bundesgerichtshof erforderlich, weil hier schon weit im Vorfeld eines 
Delikts mit Strafe gedroht werde.
				
Dabei schrieb der Neonazi im April 2008 an den örtlichen NPD-Chef: "Ich 
hätte gerne, wenn möglich, die Namen und Adressen von wichtigen 
politischen Gegnern. (...) Wir haben uns jetzt langsam strukturiert und 
gehen zum Gegenschlag über." Auf dessen Anforderung, das linke 
Freiburger Zentrum KTS auszuspionieren, erklärte sich der Mann dazu 
bereit. Das alles genügte den OLG-Richtern jedoch nicht. 
					 
	
"Unglaublich, dass die Justiz den Rechtsterrorismus immer noch so verharmlost." Antifa Freiburg
Auch die "Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat" 
konnte das OLG nicht erkennen. Bei diesem seit 2009 geltenden neue 
Tatbestand seien zwar die Anforderungen an die Konkretisierung der Tat 
geringer, doch auch diese seien nicht erfüllt. Es sei nicht ersichtlich,
 ob der Verdächtigte einen "todbringenden Einsatz des noch 
herzustellenden Sprengstoffs überhaupt in Erwägung gezogen hätte."
"Unglaublich, dass die Justiz den Rechtsterrorismus immer noch so 
verharmlost", kommentiert die autonome Antifa-Gruppe Freiburg die 
Entscheidung, die der Polizei damals den entscheidenden Tipp gegeben hatte.
 Als der Neonazi 2009 festgenommen wurde, wohnte er in Weil am Rhein. 
Inzwischen ist er in die Nähe von Ulm gezogen, aber immer noch in der 
rechtsextremen Szene aktiv.
