Sozialer Protest in Kolumbien

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Mit einem Kommuniqué an die Volksbewegung in Kolumbien, also an die Gruppen und Organisationen des politischen und sozialen Kampfes, richten sich die FARC-EP und erklären sich mit ihnen solidarisch. Auch wenn in den Mainstream-Medien die FARC-EP als eine terroristische Gruppe oder als ein Drogenkartell dargestellt werden, so sind diese aufgrund der Historie in vielen Regionen des Landes im politischen und sozialen Kampf stark verankert. Regelmäßig versucht die Regierung soziale und politische Proteste zu delegitimieren, weil diese in Verbindung mit den FARC-EP stehen. Aber die Guerilla existiert genauso wie die vielen anderen Basisgruppen auch, weil die sozialen und politischen Probleme des Landes weiter zunehmen. Und das die Guerilla durchaus als Teil einer sozialen und politischen Bewegung gelten, zeigt nicht nur die Verankerung in der Bevölkerung, sondern auch die Teilhabe an den Kämpfen für ein neues und gerechtes Kolumbien. Davon zeugen unter anderem die verschiedenen Vorschläge und Kommuniqués zu politischen und sozialen Fragen.


Nach einer Studie der Vereinten Nationen belegt Kolumbien unter den 129 untersuchten Staaten den drittletzten Platz im Kontext der Ungleichheit. Haiti und Angola belegen die Plätze dahinter. Der Kampf für ein neues und gerechtes Kolumbien ist also legitim und kann nicht nur durch Programme zur Armutsbekämpfung gelöst werden. Hier sind strukturelle Lösungen von Nöten, die sich durch politische und ökonomische Veränderungen auszeichnen. Auch wenn in den Medien davon ausgegangen wird, dass das Wachstum der Wirtschaft das Problem lösen könne, so ist die Schere zwischen arm und reich weiter auseinander gewachsen. Doch der Reichtum muss gerechter verteilt werden und die Gewinne der Konzerne in den Regionen bleiben. Der informelle Arbeitssektor muss verringert werden und die ArbeiterInnen sowie die Bevölkerung am Wohlstand und den Gewinnen beteiligt werden. Besonders in den ländlichen Regionen, die aufgrund ihrer natürlichen Ressourcen reich sein müssten, ist jedoch der Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen sehr eingeschränkt und die Armut hoch. Doch in Kolumbien wird die soziale Ungleichheit nur zu bekämpfen sein, wenn die Oligarchie und die Elite sich der Problematik annehmen und ihre Besitz- und Machtstrukturen verändern. Doch es scheint unwahrscheinlich, dass eine Landreform durchgeführt, die steuerliche Belastung von arm und reich geändert und die Investition in öffentliche Dienstleistungen getätigt wird, wenn nicht weiterhin sozialer und politischer Druck aufgebaut und verstärkt wird.

Die Gesellschaft und Regierung Kolumbiens werden jedoch seit Jahrzehnten durch das Fortbestehen von Strukturen beeinträchtigt, die im Widerspruch zu Fortschritt und sozialer Teilhabe stehen. Korruption, Klientelismus und der bewaffnete Konflikt befeuern weiterhin die soziale Ungleichheit. Korruption ist ein Teil der Politik in Kolumbien, dies betrifft nicht nur die Wirtschaft und den Handel, sondern auch Bereiche des staatlichen Handelns wie Infrastrukturmaßnahmen, der öffentliche Transport, der Agrarsektor oder das Gesundheitswesen. Außerdem sind in der Vergangenheit immer wieder Mängel im Justizapparat und den Organen der Gesetzgebung in der Öffentlichkeit bekannt geworden. Korruption begünstigt jene Klientel, die sich ihr bedienen. Es sind Leute mit Geld und politischem Einfluss, Zugehörige der kolumbianischen Elite. Zugleich untergräbt sie die institutionellen, rechtlichen und moralischen Grundlagen des Staates. Der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung wird sich so entzogen, während die Elite politisch und sozioökonomisch davon profitiert. Mit Repression und Klientelismus versucht sich die Elite oben zu halten. In Kolumbien ist es nicht selten, dass Wählerstimmen und politische Unterstützung gegen individuelle oder gemeinschaftliche Gefälligkeiten eingetauscht werden. Die Bürgermeister und Abgeordneten einer Partei repräsentieren eher die wohlhabenden Schichten als die Bevölkerungsmehrheit. Es kommt nicht von ungefähr, dass die FARC-EP bei den letzten Wahlen im November zum Stimmboykott aufriefen. Alle Konzentration gilt hier den unabhängigen sozialen Bewegungen, die auf lokaler Ebene oft die Interessen der Bevölkerung durchzusetzen versuchen.

In den letzten Jahren sind die sozialen Bewegungen in Kolumbien wieder in die Offensive gegangen und gewinnen zunehmend an Stärke. Viele soziale Bewegungen fordern Teilhabe an der Demokratie, die Einhaltung der Menschenrechte und eine Verbesserung der Lebensbedingungen. Auf dem Land und in dem marginalen Vierteln der großen Städte sind Kooperativen und soziale Bewegungen zu einer Gegenmacht avanciert, die sich selbständig für ein menschenwürdiges Leben einsetzen und wichtige Aufgaben dafür übernehmen. Und auch in den letzten Jahren haben die FARC-EP verstärkt den Kontakt zu den sozialen Bewegungen gesucht, während in einigen Regionen die Zusammenarbeit verstärkt wird. Dies betrifft Regionen wie Caquetá, Putumayo, Meta, Cauca, Tolima, aber auch Antioquia und Valle del Cauca, wo insbesondere die Bauernorganisationen und die allgemeine Mobilisierung zu politischen und sozialen Themen stark von den Forderungen der Guerilla geprägt ist. Klar, Personen, die unter den schlechten sozioökonomischen Bedingungen leiden, haben weder praktische Fähigkeiten noch die Ressourcen, um sich ungehindert und mit Nachdruck den Mechanismen zu bedienen, die ihnen diese Rechte sichern würden.

Anbei einige Fragmente eines aktuellen Kommuniqués der FARC-EP an die Volksbewegung in Kolumbien. Der Titel des Original-Kommuniqués vom Zentralen Generalstab der Guerillaorganisation lautet: „Al movimiento popular en Colombia“

Kein Rückschlag wird es verhindern, dass die FARC-EP auch weiterhin das kolumbianische Volk in all ihren Widerstandskämpfen begleiten, so gegen den brutalen Vormarsch des Weltkapitalismus und die Barbarei durch die militärische Vormachtstellung der Vereinigten Staaten, alles unter der Führung einer nationalen Oligarchie die sich persönlich bereichert und schamlos die Verabschiedung eines Freihandelsabkommens feiert, um welches das Weiße Haus bat.

Die Souveränität des Landes wird abgegeben, damit die transnationalen Konzerne von ihren Interessen profitieren können. Dies findet heute im Bergbau- und Energiesektor, in der Agrarindustrie, im Bereich der Bildung, Kommunikation, der verarbeitenden Industrie, der Banken und im Handel statt. Das ist der Geist einer herrschenden Klasse, die von Gewalt und Terror profitiert, um die Kräfte zum Schweigen zu bringen, die die Idee eines gerechten Kolumbiens vorantreiben wollen.

Auch nach dem Tod des Anführers Alfonso Cano, der von der Regierung freudetrunken gefeiert worden war, werden die FARC-EP an einer friedlichen Lösung festhalten. Für den Frieden kämpfte auch Alfonso Cano, der wie viele andere auch im ganzen Land, als beispielhaft gilt. Im revolutionären Widerstand gibt es gegen die terroristische Gewalt des Staates Erfolge, aber auch Rückschläge. Und deshalb haben wir die FARC-EP aufgebaut, an der Seite der verarmten Massen welche Opfer der terroristischen Gewalt des Staates geworden waren, die ihre Toten begruben und trotzdem ihren Mut aufrechterhalten haben, um für die Gerechtigkeit zu kämpfen.

Und weiter: Die Moral der Guerilla steht heute höher als je zuvor. Unser Kampf für den Frieden in Kolumbien ist grundsätzlich und hält weiter an…

Die FARC-EP begleiten die Kräfte im Kampf gegen den Kapitalismus, gegen das neoliberale Modell und für den Weg einer friedlichen Lösung. Die Guerilla erklärt sich dabei mit den sozialen Bewegungen des Landes solidarisch, mit der Jugend, sowie mit den Studierenden und ihrem kreativen Protest und der Fähigkeit einer großen Mobilisierung, wodurch die Regierung zum Einlenken aufgefordert wurde. Die Reform des Bildungsgesetzes wurde vorerst auf Eis gelegt.

Es werden die Bemühungen der Gewerkschaftsbewegung begrüßt, trotz Kriminalisierung, Verfolgung und Vereinnahmungsversuchen, mit eiserner Entschlossenheit für die Arbeitsrechte zu kämpfen und die erreichten zu verteidigen. Als Beispiele dienen hierfür die Arbeitskämpfe in Puerto Gaitán in der Region Meta und jene in Puerto Wilches in der Region Magdalena Medio.

Wir drücken unseren Respekt aus für die Initiativen von Bauern, Indígenas und Schwarzen die den Weg zu einer politischen Lösung und den Kampf für Land vorantrieben und die mit der Verfolgung der Regierung brechen, mit welchem sie die Stimmen zum Schweigen bringen wollen, die einen zivilen Ausweg aus dem Krieg, eine gerechte Verteilung von Land, Kredite und eine Vertiefung der Demokratie fordern.

An die klandestine Partei, an die Bolivarische Bewegung, an die Organisationen der Arbeiter, Bauern, Jugendlichen, Studierenden, Frauen, an schwul-lesbische Gruppen, Intellektuelle, an Künstler, an die gesamte Bewegung geht unser Ansporn, die Anstrengungen zu erhöhen, um die aktuellen und zukünftigen Kämpfe zu verstärken und zu vergrößern. Dies sind Zeiten des Handelns und der Einheit als eine wahre Hochachtung an den Heldentum unseres Volkes und sein Engagement für ein neues Kolumbien.

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