[J] Stecken Neonazis hinter Polizistinnenmord?

Erstveröffentlicht: 
09.11.2011

Jena. Die gesuchte Frau hat sich gestellt. Aber die Verbindung zu Heilbronn ist noch unklar. Von Harald Lachmann und Kilian Barth

 

Steckt hinter allem eine zierliche Mittdreißigerin aus Jena, die Katzen mehr liebt als Menschen? Bei all den jüngeren Ereignissen in Thüringen und Sachsen, die die Polizei mit dem Polizistenmord von Heilbronn in Verbindung bringt, spielt die 36-jährige Beate Z. offenbar eine tragende Rolle. So lebte sie mit den beiden Bankräubern in jenem Zwickauer Wohnhaus zusammen, das vergangenen Freitag in die Luft flog. Eine Anwohnerin hatte die Jenaerin, die sich hier als Susann Dienelt oder auch als Lise ausgegeben hatte, kurz vor der Explosion das Haus verlassen sehen - in jeder Hand eine Katzenbox. Gestern Nachmittag dann die Eilmeldung: Die gesuchte Frau habe sich gestellt und sei festgenommen worden,

In Heilbronn begann unterdessen das „Ermitteln in alle Richtungen”, wie Pressestaatsanwalt Harald Lustig mitteilte. Man stehe in ständigem Kontakt mit den Kollegen in Thüringen. Harald Schumacher, Pressesprecher der Polizei Heilbronn sagte „Nun haben wir wenigstens nach dieser langen Zeit der Ungewissheit einen Ansatzpunkt, wo wir weiterermitteln können.”Die Behörden in Bayern untersuchen, ob es einen Zusammenhang zu dem Polizistenmord Ende Oktober in Augsburg gibt.

Mittlerweile gilt als sicher, dass die Detonation in Zwickau bewusst herbeigeführt wurde. Die beiden Bankräuber, die die Polizei zuvor im knapp zwei Autostunden entfernten Eisenach in einem brennenden Wohnwagen entdeckte, konnten es nicht gewesen sein. Sie waren da bereits tot - getötet durch einen Kopf- beziehungsweise einen Brustschuss. Ob Selbstmord oder Mord ist derzeit noch Gegenstand der Ermittlungen. Die 1,60 Meter kleine, dunkelhaarige Frau, die zumeist Brille trägt, gilt mittlerweile als Schlüsselperson zur Aufklärung jener Verbrechensspur, die bis zum Heilbronner Polizistenmord zurückreicht. Denn die Dienstwaffen Heckler & Koch P 2000 V2 der ermordeten Michéle Kiesewetter sowie ihres damals schwer verletzten Kollegen fand man nun neben der Beute aus dem Bankraub sowie den Leichen der beiden Räuber in dem Wohnwagen. Diesen hatten zwei Tage zuvor ein Mann und eine Frau - wohl Beate Z. - bei einem Fahrzeugverleih geordert.

Die beiden Bankräuber sind im September bei einem anderen Banküberfall im thüringischen Arnstadt durch ihre ungewöhnliche Brutalität aufgefallen. Die Thüringer Linkspartei veröffentlichte gestern entsprechende Informationen, die die Polizei noch nicht bestätigt hat. Denn für die innenpolitische Expertin der Linke-Fraktion im Erfurter Landtag, Martina Renner, gilt offenbar als sicher, dass die Bankräuber ihre Tatwaffen seinerzeit den beiden baden-württembergischen Polizisten abnahmen, die sie dort überfallen hatten. Woher die Linke ihr Wissen nimmt, sagt sie bisher nicht. Womöglich will sie eigene V-Leute in der rechtsextremen Szene schützen, munkelt man in Jena. Hier hat sich in den vergangenen Jahren um den evangelischen Jugendpfarrer Lothar König eine sehr findige und teils verdeckt arbeitende Gruppe formiert, die neonazistische Umtriebe ausforscht und zu verhindern sucht.

Beate Z. hatte in Jena zusammen mit zwei jungen Männern - vermutlich ihre mittlerweile toten Komplizen - in den 90er Jahren eine Bombenbauerwerkstatt betrieben. Zu Jahresbeginn 1998 fand die Polizei in einer Garage „vier funktionsfähige Rohrbomben mit erheblicher Sprengkraft”, sagte die Abgeordnete Renner. Das Trio, das einer rechtsextremen Bande namens Thüringer Heimatschutz zugehörte, tauchte daraufhin ab. Die Fahndung blieb erfolglos, fünf Jahre später wurden die Verfahren wegen Verjährung einstellte.

Bei der Linkspartei geht man davon aus, dass Beate Z. und die beiden Männer Verbindungen zur Neonaziszene in Westsachsen, Ostthüringen und womöglich auch anderen Regionen Deutschlands hatten und so untertauchen konnten. Renner verwies gestern auf Warnungen von Rechtsextremismus-Experten, wonach es „in den Strukturen des Freien Netzes Bestrebungen gibt, sich Waffen zu besorgen und mit Sprengstoffattentaten für die neofaschistischen Ziele gewaltsam vorzugehen”. Immerhin hatte man neben den verkohlten Leichen im Wohnwagen - ihre Namen gibt die Polizei mit Uwe M. (38) und Uwe B. (34) an - insgesamt vier Pistolen und Revolver sowie drei Langwaffen gefunden.