21.10.2011 – Das Bundeskriminalamt (BKA) ist bekannt dafür, dass es gerne Daten über die Bevölkerung sammelt. Praktisch erfolgt dies über die Führung sogenannter „Zentralstellendateien“. Hierbei handelt es sich um Informationen über Personen, die das BKA in Zusammenhang mit geplanten oder bereits begangenen Straftaten als verdächtig einstuft.
Die Datensätze werden vom BKA, der Bundespolizei und dem Zollkriminalamt zum Zweck der Gefahrenabwehr und Prävention genutzt und stehen darüber hinaus, im Rahmen von „Verbunddateien“, auch jeder Länderpolizei zur Verfügung.
Die Linksfraktion im deutschen Bundestag erkundigt sich regelmäßig bei der Bundesregierung nach dem Umfang, der beim BKA geführten Datenregister und der Anzahl der dort gespeicherten Personen. Hierbei geht es vor allem um Daten von Personen, die von der Behörde als linke Straf- oder Gewalttäter eingestuft werden.
Die Antwort der Bundesregierung auf die jüngste Anfrage der Linksfraktion wirft nun einige Fragen auf. Anscheinend speichert das BKA die Daten Tausender von Linken, die mit dem Gesetz gar nicht in Konflikt geraten sind.
Mehr als 15,6 Millionen Datensätze
Die kleine Anfrage der Linksfraktion datiert vom 26. September 2011 und wurde von den Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau, Jens Petermann und Raju Sharma gestellt. Die Fragesteller wollten von der Bundesregierung unter anderem wissen, wie viele Datensätze die Dateien des BKA enthalten, welche Bezeichnungen die Dateien tragen, auf welcher Rechtsgrundlage sie jeweils basieren oder wie viele Personen in den Gewalttäterdateien tatsächlich als potenziell gewaltbereite Störer gelten.
Die Anfrage wurde von der Bundesregierung am 11. Oktober beantwortet. Die Antwort enthält neben einigen Erläuterungen und Zahlen vor allem ein Verzeichnis, in dem 69 Dateien aufgeführt sind, die das BKA, das Zollkriminalamt oder die Bundespolizei aktuell führen.
Insgesamt unterhalten die Behörden einen Datenstamm mit mehr als 15,6 Millionen Datensätzen. Diese sind in Dateien mit Bezeichnungen wie „SAMBA“, „KOBRA“ oder „CRIME“ abgelegt. Neben Verzeichnissen, die im Zusammenhang mit Zollvergehen, Steuerhinterziehung, Eigentumsdelikten oder terroristischen Aktivitäten stehen, werden auch Dateien zu den Themen „Gewalttäter links“, „Straftäter linksmotiviert“ oder „politisch motivierte Kriminalität-links“ geführt.
Hierbei speichern die Behörden in der Kategorie „Politisch motivierte Kriminalität-links“ aktuell 1.710 Datensätze, in der Kategorie „Gewalttäter Links“ 2.285 Datensätze und in der Kategorie „Straftäter linksmotiviert“ 7.642 Datensätze. Insgesamt existieren damit 11.637 Datensätze über Personen, die als Kriminelle, Gewalttäter oder Straftäter in direktem Zusammenhang mit einer linken Position eingestuft sind.
Prävention oder Gesinnungs-Datenbank
Diese Zahl alleine wäre noch nicht weiter verwunderlich. Es ist schließlich kein Geheimnis, dass die Beamten des BKA lieber einen Datensatz zu viel als einen zu wenig speichern. Ein weiteres Detail wirft jetzt jedoch einige Fragen auf:
Die Linksfraktion hatte sich unter anderem danach erkundigt, wie viele der Personen in den Gewalttäterdaten der Behörden tatsächlich als potenziell gewaltbereite Störer eingestuft wurden. Die Antwort der Bundesregierung ist frappierend: Lediglich 86 Personen aus der Datei „Gewalttäter Links“ erfüllen nach Behördenmeinung nämlich dieses entscheidende Merkmal. Innerhalb der anderen Dateien wird diese Einstufung nicht einmal erhoben.
Im Ergebnis speichert das BKA präventiv also 11.637 Datensätze über Personen mit linker Gesinnung, von denen weniger als ein Prozent als „potenziell gewaltbereite Störer“ gelten.
Es stellt sich die Frage, aus welchem Grund und mit welcher Motivation das BKA eine Datenbank über Personen mit linker Einstellung pflegt, wenn von 99 Prozent der Erfassten gar keine konkrete Gefahr ausgeht. Es drängt sich der Verdacht auf, dass hier eine reine Gesinnungs-Datei entstanden ist.
Die Daten stehen nicht nur dem BKA, dem Zollkriminalamt und der Bundespolizei, sondern darüber hinaus auch jeder Landespolizei in Deutschland zur Verfügung. Diese Speicherpraxis kann für die Betroffenen unter Umständen unangenehme Folgen haben, wenn man an verstärkte Kontrollen oder Maßnahmen wie Unterbindungsgewahrsam denkt.
Da Betroffene über einen entsprechenden Eintrag nicht einmal informiert werden, besteht für sie keine Möglichkeit, eine gerichtliche Überprüfung vornehmen zu lassen.
Download „Kleine Anfrage“ und Antwort der Bundesregierung (.pdf)