Die "Spitzelopfer" verlangten Aufklärung

Erstveröffentlicht: 
24.09.2011

Er schrieb sich an der Uni ein, engagierte sich über Monate hinweg in linken Initiativen - und baute in der Studentenszene Kontakte und Freundschaften auf. Nur durch Zufall merkten die Studierenden im Dezember vergangenen Jahres, dass der scheinbar überzeugte Linksaktivist "Simon Brenner" in Wahrheit ein verdeckter Polizeiermittler des Landeskriminalamtes war. Inzwischen hat das juristische Nachspiel der "Spitzelaffäre" begonnen: Betroffene reichten Anfang August Klage gegen das Land ein. Sie fordern außerdem eine politische Aufarbeitung des Einsatzes.

 

Am Donnerstag hatten die Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD) und der "Arbeitskreis Spitzelklage" zu einer Podiumsdiskussion in die Volkshochschule eingeladen. Unter dem Motto "Schwarze Spitzel - Grüne Spitzel" diskutierte das Podium vor rund 70 Zuhörern über den Prozess am Karlsruher Verwaltungsgericht, die anstehende politische Aufarbeitung des "Spitzeleinsatzes" und das mögliche Vorhandensein weiterer verdeckter Ermittler in der linken Szene. Auf dem Podium saßen der AIHD-Aktive Michael Csaszkóczy und der studentische Aktivist Jasper Metzbaur, der als Betroffener den "AK Spitzelklage" vertrat. Mit Wilfried Schollenberger vom Heidelberger SPD-Kreisverband war zumindest ein Mitglied der Parteien aus der Landesregierung auf dem Podium. Der Anwalt der Kläger, Martin Heiming, hatte kurzfristig absagen müssen. Besonders mit dem Weinheimer Grünenabgeordneten und Innenpolitikexperten Uli Sckerl hätten die Aktivisten gerne diskutiert. Doch der hatte laut einer Pressemitteilung der Grünen vorab um einen Ersatztermin bitten müssen, den ihm die AIHD nicht gewährt habe. Dem widersprach Csaszkóczy: "Wir haben ihn mehrfach gebeten, einen Ersatztermin zu nennen - unsere Bemühungen waren aber leider nicht von Erfolg gekrönt." Den Abgeordneten holte er dafür akustisch in den Saal: Er spielte ein Rundfunkinterview ab, in dem Sckerl Ende April eine zügige Aufklärung versprochen hatte.

 

Schollenberger wollte nicht denselben Fehler machen: "Der Umbau der Ministerien macht viel Arbeit." Wichtig sei ein Eintreten gegen das misstrauische, repressive Klima in der Gesellschaft. Priorität hätten nach fünfzig Jahren CDU-Regierung jetzt aber die Themen Bildung und Arbeitnehmerrechte. Das war für die Aktiven ein schwacher Trost: "Wenn ohne rechtliche Grundlage kritische Bevölkerungsteile überwacht werden, muss es eine Diskussion geben", ärgerte sich Metzbaur. Es gebe nach wie vor keine Absicherung gegen "illegal" eingesetzte Ermittler. Die Versprechen vor dem Regierungswechsel seien "ein Wahlkampfmanöver" gewesen, so eine Aktivistin. Auch die möglicherweise bereits erfolgte Löschung der von "Simon Brenner" gesammelten Daten sehen die Aktiven kritisch: "Wir könnten dann keine Einsicht erhalten", ist Metzbaur enttäuscht. Schollenberger versprach am Ende weitere Treffen.

 

Uli Sckerl meldete sich gestern noch einmal in einer Stellungnahme zu Wort. Die gemeinsame Podiumsdiskussion sei nicht an ihm gescheitert. Es könne außerdem nach wie vor "kein Zweifel daran bestehen, dass das Thema für mich und für die Heidelberger Grünen höchste Priorität genießt", teilte er mit.