Die Realität eines zweiten Tschernobyls hat uns auf furchtbare Weise eingeholt – Mitte März kam es in Fukushima zur nuklearen Katastrophe, die bis heute andauert und die Welt in Bann hält. 25 Jahre nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl havarieren erneut Atomreaktoren bis zur Kernschmelze - nach Majak (Russland/UdSSR, 1957), Harrisburg (USA, 1979) und eben Tschernobyl (1986).
Die Schreckens-Bilder gleichen sich, damals wie heute: Die Aufnahmen der
 japanischen Strahlenschutzteams, die mit Atemmasken und Schutzanzügen 
ausgestattet, die Radioaktivität am Körper der Evakuierten messen, 
decken sich mit den 1986er Bildern aus Pripyat, der Stadt unmittelbar 
bei Tschernobyl. Die bedrückenden Szenen aus den evakuierten Zonen, 
menschenleer, in denen die herumstreunenden Tiere sich selbst überlassen
 sind, wiederholen sich erneut. 
In Tschernobyl müssen wir davon 
ausgehen, dass ein einzelner in Betrieb befindlicher Reaktor (Block 4) 
explodierte und ca. 95 % seines radioaktiven Inventars (Spaltprodukte 
aus ca. 200 t Uran) an die Umwelt abgegeben hat. Das die Brennstäbe 
umlagernde und dann brennende Grafit wirkte damals wie ein Kaminfeuer, 
weshalb sich ca.  64 % der radioaktiven Wolke weltweit, außerhalb der 
betroffenen Gebiete der ehemaligen Sowjetunion, verteilte. 
In 
Fukushima handelt es sich um insgesamt  sechs problematische Reaktoren 
mit einem Mehrfachen an dort gelagertem radioaktiven Material als in 
Tschernobyl.  In den aufgrund des Erdbebens notabgeschalteten Blöcken 1,
 2 und 3 kam es nach ausgefallener Kühlung zu einer Überhitzung der 
Reaktorkerne auf ca. 2500 Grad. Dies hatte Wasserstoffexplosionen in 
unterschiedlichem Ausmaß zur Folge. Teils wurde durch die Explosion nur 
die Außenhülle des Reaktors beschädigt, teils auch der Reaktorbehälter. 
In Block 1 und 2 kam es zur Kernschmelze. In Block 3 stellen 
MOX-Brennstäbe aufgrund ihres hohen Anteils an dem besonders 
gefährlichen Plutonium eine große Gefahr dar. Block 4 bis 6 waren wegen 
Wartungsarbeiten nicht in Betrieb – hier sind die bereits abgebrannten, 
aber noch heißen, d.h. strahlenden Brennelemente in den Abklingbecken 
das Problem. Auch hier fiel die Kühlung aus, auch hier kam es zu 
Explosionen und Bränden. Und wieder sind es die Feuerwehrmänner, die mit
 provisorischen Mitteln, in Japan mit Wasserwerfern, in Tschernobyl mit 
Schaufeln, als Liquidatoren in das nukleare Feuer geschickt werden. Und 
es ist heute (Mitte April) noch kein Ende der unkontrollierten 
Kettenreaktionen in Sicht. 
Alle betroffenen Reaktoren emittieren
 radioaktive Spaltprodukte. Diese verteilen sich nicht homogen um die 
havarierten Reaktoren, sondern diskontinuierlich, je nach aktueller 
Windlage. Es wurden dramatisch hohe Strahlenwerte (am 15.3.: 3100 mSv/h)
 am Reaktor gemessen. Ab einer Strahlungsintensität von 1000 mSv/h 
erliegen Menschen innerhalb kurzer Frist der akuten Strahlenkrankheit. 
Noch in einer Entfernung von 30 km wurden 74 mSv/h gefunden - gegenüber 
einem Normalwert wie in Berlin  (0,07 mSv/h) ist dies ein 1000-fach 
erhöhter Wert.  170.000 Menschen in einem Umkreis von 20 km wurden 
sofort evakuiert. Wegen der hohen Radioaktivität empfahlen 
Wissenschaftler eine Vergrößerung des Evakuierungsgebietes auf bis zu 80
 km – erst einen Monat nach dem GAU dehnte die japanische Regierung die 
Zone auf 30 km aus. 
Ähnlich wie in Tschernobyl beschwichtigen 
die öffentlichen Stellen und reden das Ausmaß der gesundheitlichen 
Gefahr klein. Auch hier gleichen sich die Bilder wieder: Der 
Bürgermeister Tokios trinkt medienwirksam Wasser aus der Leitung, um 
dessen Ungefährlichkeit zu demonstrieren - und reiht sich damit ein in 
die Liste der Politfunktionäre der damaligen Sowjetunion, die durch das 
öffentliche Essen von Gemüse fahrlässig Ähnliches versuchten.
Damit ist in Japan ein Szenario Wirklichkeit geworden, das sich selbst größte Skeptiker nicht vorzustellen wagten.
Alles
 das, was wir über die gesundheitlichen Auswirkungen des Super-GAUs in 
Tschernobyl in den letzten 25 Jahren lernen mussten, steht den  Menschen
 in Japan noch bevor. Tschernobyl ist also eine Art „Blaupause“ für die 
Zukunft Japans – eine beklemmende, aber reale Vorstellung. 
(aus dem Neckarwestheimer Anti-Atom-Info 49)
Demo zum AKW Neckarwestheim
25-Jahre Tschernobyl – Fukushima heute 
Stilllegung aller Atomanlagen jetzt!
Ostermontag, 25. April, Treff 13 Uhr, Bahnhof Kirchheim/N
http://tschernobyl25-neckarwestheim.antiatom.net

