Sachsen: Verfassungsgericht kippt Versammlungsgesetz

Erstveröffentlicht: 
19.04.2011

Das sächsische Versammlungsgesetz ist nicht mit der Verfassung vereinbar, urteilen die Richter in Leipzig. Die schwarz-gelbe Regierung hatte Demonstrationen an Orten von herausragender historischer Bedeutung verboten.

 

Leipzig –  Der Verfassungsgerichtshof in Sachsen hat das umstrittene Versammlungsgesetz des Landes gekippt. Die Richter erklärten das Gesetz am Dienstag in Leipzig aus formellen Gründen für verfassungswidrig und nichtig. Damit waren 52 Abgeordneten der Landtagsopposition mit ihrer abstrakten Normenkontrollklage erfolgreich (Vf.74-II-10)

 

Die schwarz-gelbe Koalition im Freistaat hatte das Versammlungsgesetz im Januar 2010 verschärft. Das Gesetz sah vor, dass Demonstrationen an historisch herausragenden Orten unter bestimmten Voraussetzungen verboten werden können. Dies galt unter anderem für das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig, die Dresdner Frauenkirche und am Jahrestag der Bombardierung Dresdens auch für weitere Bereiche der Altstadt. CDU und FDP hatten das Gesetz damit begründet, das gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Rechts- und Linksextremisten besonders zum Jahrestag der Zerstörung Dresdens unterbunden werden sollen.

 

Nach Ansicht der Verfassungsrichter genügt die Gesetzesvorlage allerdings nicht den Anforderungen der Sächsischen Verfassung. Der Wortlaut des Versammlungsgesetzes sei „weder in der Gesetzesvorlage noch in nachfolgenden Parlamentsdokumenten enthalten gewesen“, heißt es in dem Urteil. Die repräsentative parlamentarische Demokratie setze aber den aktiv an der Arbeit des Parlaments mitwirkenden Abgeordneten voraus. Den Abgeordneten müssten daher alle Informationen gegeben werden, die ihnen eine eigenverantwortliche Entscheidung über Gesetzesvorhaben ermöglichten. Mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes gilt in Sachsen nun wieder das Versammlungsgesetz des Bundes.

 

Die Grünen-Fraktion im Dresdner Landtag sprach von einer „krachenden Niederlage für CDU und FDP“. Der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Klaus Bartl, erklärte, die Entscheidung sei ein „Sieg für den Rechtsstaat“. Die Richter hätten Sachsens Justizminister Jürgen Martens (FDP) bescheinigt, dass er beim Umgang mit einem hochsensiblen demokratischen Grundrecht den Boden des Rechtsstaates verlassen habe. (afp)