[S] Brandanschlag auf Hütte mit Ausländern

Tragisches Ende einer Grillparty: dieses Gartenhaus ist nach dem Anschlag niedergebrannt
Erstveröffentlicht: 
11.04.2011

Winterbach. Rechtsradikale haben gestern ein Gartenhaus angezündet, in das sich Italiener und Türken geflüchtet hatten. Von Annette Clauß

 

Auf dem Gartentisch steht eine Ketchupflasche, am Boden liegen umgekippte Stühle und eine verkohlte Bank, daneben steht die Ruine eines abgebrannten Gartenhäuschens: Eine Grillparty auf einem Wiesengrundstück zwischen Winterbach und dem Engelberg (Rems-Murr-Kreis) hat am Sonntagmorgen gegen zwei Uhr ein tragisches Ende genommen. Nach den Erkenntnissen der Polizei hatte eine Gruppe von rund 20 Rechtsradikalen das Gartenhäuschen angezündet, in dem Gäste einer zweiten Grillparty auf dem Nachbargrundstück Zuflucht gesucht hatten.

An dieser zweiten Party hatten drei italienische und sechs türkische Mitbürger teilgenommen. Fünf von ihnen waren in die Hütte geflüchtet - aus der sie jedoch rechtzeitig fliehen konnten. Auf der Flucht zog sich ein Partygast leichte Verletzungen zu. Nach den bisherigen Erkenntnissen der Polizei war dem Anschlag eine Auseinandersetzung vorausgegangen. Einer der rechtsgesinnten Tatverdächtigen hatte offenbar einen Gast der anderen Gruppe auf dem Feldweg, der zwischen den beiden Grundstücken verläuft, beinahe mit dem Auto angefahren. Daraufhin habe einer aus der neunköpfigen Gruppe die Polizei verständigt, sagte der Polizeisprecher Klaus Hinderer.

Als dem verbalen Streit schließlich Handgreiflichkeiten folgten, seien fünf der Angegriffenen in die Hütte auf ihrem Grundstück geflüchtet. Die Rechtsradikalen folgten ihnen und zündeten das aus Holz gefertigte Haus an. Ob sie dazu Brandbeschleuniger benutzten, ist noch nicht bekannt. Auf jeden Fall habe das Häuschen lichterloh gebrannt, das Feuer, das die Winterbacher Feuerwehr löschte, sei weithin sichtbar gewesen, sagte ein Zeuge.

Als sie bemerkten, in welch großer Gefahr sie schwebten, haben sich die in der Hütte verschanzten Menschen erneut bei der Polizei gemeldet. „Wir sind dann in ständigem Kontakt mit ihnen gestanden”, sagte der Polizeisprecher Klaus Hinderer. Nachdem die Rechtsradikalen verschwunden waren, gelang schließlich auch den fünf eingeschlossenen Personen die Flucht aus der brennenden Hütte.

Bis zu zehn Polizeistreifen waren gestern mit der Fahndung nach den Brandstiftern beschäftigt und konnten im Laufe des Tages 14 Verdächtige vorläufig festnehmen. Sie sind - wie die Mitglieder der anderen Gruppe - zwischen 21 und 35 Jahre alt. Der Besitzer des Grundstücks ist der Polizei als Mitglied der rechten Szene bekannt. Seine Gäste gehörten dieser wohl auch überwiegend an, so Hinderer. Die Kennzeichen der Autos, die gestern noch auf dem Grundstück geparkt waren, stammten aus dem Rems-Murr-Kreis, aber auch aus den Landkreisen Tuttlingen und Aalen und aus Saarbrücken. Ein Grundstücksnachbar bestätigte, dass es auf dem Grundstück der Angreifer in der Vergangenheit immer wieder lautstarke Partys gegeben habe.

Die vorläufig festgenommenen Brandstifter, die gestern Abend noch von der Polizei verhört wurden, müssen sich nach Angaben der Ermittler voraussichtlich wegen schwerer Brandstiftung verantworten, möglicherweise sogar wegen versuchter Tötung - je nachdem, ob sie den im Gartenhaus Verschanzten den Fluchtweg verbarrikadiert haben oder nicht.

 

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RECHTSRADIKALE UMTRIEBE

 

Winterbach. Schon einmal ist die Kommune Schauplatz rechtsradikaler Umtriebe gewesen. In einer Kneipe trafen sich an Wochenenden bis zu 130 Skinheads. Im Januar 1998 führte der Staatsschutz dann eine Großrazzia durch.

 

Vorfälle. Am 30. August 2000 verübten drei junge Männer einen Brandanschlag auf das Asylbewerberheim in Waiblingen. Im November desselben Jahres wurde in Schorndorf ein 44-jähriger Grieche von acht Skinheads brutal zusammengeschlagen. Im Jahr 2003 häuften sich die Straftaten mit rechtsextremem Hintergrund erneut. Unter anderem warfen Mitte Oktober drei Männer Molotowcocktails auf ein türkisches Vereinsheim in Murrhardt. Im Herbst 2005 wurde ein Brandanschlag auf das Asylbewerberheim in Unterweissach verübt.

 

Folgen. Als Reaktion auf die fremdenfeindlichen Auswüchse hat die Polizeidirektion Waiblingen die Koordinierungsstelle Rechtsextremismus gegründet