Neonazi Hehl kommt ohne Strafe davon
Aus der Region: Der Mannheimer hat vor einer Eberbacher Schule rechtes Propaganda-Material verteilt
Ohne weitere Strafe ist der Mannheimer NPD-Funktionär Christian Hehl
gestern vor dem Heidelberger Amtsgericht davongekommen. Ihm wurde
vorgeworfen, vor dreieinhalb Jahren vor einer Eberbacher Schule rechtes
Propaganda-Material verteilt zu haben.
Schwarze Cargohose, schwarzes Hemd, schwarze Stiefel, Glatze und braune Jacke: Er ist eine Reizfigur der Antifaschisten. Der 41-jährige Mannheimer NPD-Funktionär Christian Hehl, der in 90er Jahren für kurze Zeit einen Laden für einschlägige Musik und Kleidung in Ludwigshafen führte, verlässt das Amtsgericht ohne Strafe. Der Chef des rechten "Aktionsbündnisses Rhein-Neckar" und Veranstalter von rechten Konzerten bei regionalen Rockergangs war wegen Landfriedensbruch und gefährlicher Körperverletzung in einem anderen Fall vom Mannheimer Amtsgericht zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt worden. Angesichts dieser Tat und ihrer Bestrafung falle die radikale Mitgliederwerbung mit einer inzwischen verbotenen Zeitschrift und einer sogenannten Schulhof-CD der Nationaldemokraten nicht mehr ins Gewicht, finden Richterin Regina Kaufmann-Granda und Staatsanwalt Florian Pistor.
Ein Blick zurück: Drei einschlägig bekannte rechte Aktivisten hatten am 8. Oktober 2007 zusammen mit dem vorbestraften Skinhead Hehl gegen 7 Uhr vor einer Eberbacher Schule CDs, Flugblätter und Ausgaben der Streitschrift "Perplex" verteilt. In diesem Heft werden die Lehrer als "linksextreme 68er" bezeichnet, die "Schwachsinn" unterrichteten. Der verfassungswidrige Inhalt geht auch auf den Zweiten Weltkrieg ein. Nach Ansicht der NPD vermitteln die "linken Pauker" an den Schulen bewusst ein falsches Geschichtsbild. Der Krieg sei den Deutschen von den Fremdmächten aufgezwungen worden, so die publizierten Ansichten.
Doch hinter den Print-Attacken stecken im Fall Eberbach offensichtlich noch andere Motive, als nur neue "Parteirekruten" zu werben. Die dortige Realschule war von den Männern offensichtlich gezielt ausgewählt worden, weil hier seit knapp vier Wochen ein bestimmter Lehrer unterrichtete. Der hatte einen jahrelangen Rechtsstreit gegen das Land Baden-Württemberg gewonnen, das seine Mitgliedschaft in der Antifaschistischen Initiative Heidelberg zum Anlass für ein Berufsverbot genommen hatte.
Um es ihrem Intimfeind zu zeigen, hatte offenbar eine Ludwigshafener NPD-Zelle vor ihrer Propaganda-Aktion ein Video zusammengeschnitten, das den Eberbacher Lehrer in die Nähe von Terroristen rückt. Der von Hehl kommentierte Streifen wird untermalt mit Musik eines verstorbenen rechtsextremen Liedermachers. Im Zuge der Polizeiarbeit fanden fünf Hausdurchsuchungen statt, bei denen 200 Exemplare der Zeitschrift "Perplex" und ein Computer sichergestellt wurden.
Auf dem Computer eines damals in Ludwigshafen lebenden Neonazis wurden schließlich das Video sowie Video-Rohmaterial entdeckt. Wer letztlich für den Hetzstreifen verantwortlich ist, lässt sich heute - offenbar nicht zuletzt wegen lückenhafter polizeilicher Ermittlungen - allerdings nicht mehr mit Gewissheit feststellen. (wgo)