Heilbronn - Anfang des Monats war bekannt geworden, dass ein Bündnis süddeutscher Neonazi-Gruppen für den 1. Mai unter dem Titel "Fremdarbeiterinvasion stoppen" zu einer zentralen Demonstration in Heilbronn aufgerufen hat. Der Tag könnte damit zu einem besonderen spannungsgeladenen Ereignis werden.
Heilbronns Oberbürgermeister Helmut Himmelsbach teilte jetzt mit, dass sich Gemeinderat und Stadtverwaltung aktiv gegen diese Veranstaltung einsetzen wollen. „Heilbronn ist eine liberale, weltoffene, tolerante Stadt, im Herzen Europas, in der fast jeder zweite Bürger eine Zuwanderungsgeschichte hat – in dieser Stadt darf es keinen Platz für extremistische, fremdenfeindliche Machtdemonstrationen geben“, betonte der OB. Demnach sieht die Rathaus-Strategie folgende drei Punkte vor:
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Die Stadt Heilbronn wird alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um die geplante Demonstration zu verhindern. „Auch wenn uns bewusst ist, dass verfassungsrechtlich hohe Hürden für Demo-Verbote aufgestellt sind, so werden wir diesen Weg trotzdem konsequent gehen“, unterstreicht Bürgermeister Harry Mergel.
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Der Ältestenrat ist sich einig, dass die vom Gemeinderat im Jahr 2000 beschlossene Resolution „Für eine offene Stadt – Heilbronner Bündnis gegen Rechtsextremismus“ bekräftigt wird. In der nächsten Sitzung am Donnerstag, 3. Februar, soll ein entsprechender Beschluss gefasst werden. Damit will das Selbstverwaltungsgremium seine deutliche Haltung 66 Jahre nach dem Ende der Nazi-Barbarei zum Ausdruck bringen.
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Schließlich wird sich die Stadt Heilbronn dem von den Gewerkschaften initiierten Aktionsbündnis gegen die geplante „Rechts“-Demonstration anschließen. Hierzu gehört die Unterstützung einer Gegen-demonstration am 1. Mai selbst.
Großdemo
In den vergangenen beiden Jahren kamen zu Aufmärschen der
Rechtsextremen in Schweinfurt und Ulm am 1. Mai zwischen 800 und 1000
Teilnehmer, zudem mehrere tausend Gegendemonstranten. In Ulm flogen
Flaschen und Steine, es gab Verletzte, die Polizei brachte Wasserwerfer
in Stellung und setzte Reizgas ein.
Junge Nationaldemokraten Baden-Württemberg, Freier Widerstand Süddeutschland, Pfalzpatrioten oder Sache des Volkes sind Gruppen, die den Aufmarsch im Internet unterstützen. Nach Angaben auf der Internetseite will das "nationale und soziale Aktionsbündnis 1. Mai" öffentlich kund tun, dass deutsche Arbeitnehmer durch eine "Fremdarbeiterinvasion" aus Osteuropa ihre Arbeitsplätze verlieren werden, wenn Arbeitsmarktbeschränkungen für EU-Neumitglieder fallen.
Widerstand
Bernhard Löffler, der Vorsitzende des Deutschen
Gewerkschaftsbundes Nordwürttemberg, kündigt massiven Widerstand gegen
den Aufmarsch an. "Wir werden alles daran setzen, diese Demo mit
rechtsstaatlichen Mitteln zu verhindern." Man wolle den Tag der Arbeit
"nicht den Faschisten" überlassen, sagte er. Zumal die Nazis 1933
Gewerkschaften verboten und seine Vorgänger "ins KZ verschleppt haben".
Vorsorglich hat der DGB Löffler zufolge eine Nutzung aller wichtiger
Straßen und Plätze in Heilbronns Innenstadt für die eigene
1.-Mai-Veranstaltung beantragt. Findet die Demo der Rechten statt, wolle
man in der Stadt "ein großes, buntes Fest der Vielfalt" organisieren.
"Entsetzt" von der Nachricht über die geplante Großdemo von rechten Gruppen zeigte sich Heinrich Kümmerle,
Kreis-Geschäftsführer der Europa-Union. Seit Jahrzehnten setze man sich
für ein geeintes Europa mit offenen Grenzen ein. Bei einem Aufmarsch
werde man Flagge zeigen "und auf die Straße gehen", blickt er voraus.
Auch bei der FDP hat die Demo-Ankündigung Besorgnis ausgelöst. „Unsere
Stadt ist weltoffen. Hier leben Bürger mit deutschen und ausländischen
Wurzeln friedlich zusammen. Ausländerfeindliche Veranstaltungen haben
hier keinen Platz“, erklären der FDP-Stadtverbandsvorsitzende und
Bundestagsabgeordnete Michael Link und der Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat, Nico Weinmann,
in einer Pressemitteilung. Die FDP fordert die Stadt darin auf, alle
Mittel zu prüfen und einzusetzen, um den geplanten Aufmarsch noch zu
verhindern oder zumindest einzuschränken. Auch der Vorstand der AG 60
plus im SPD-Kreisverband Heilbronn-Landkreis ist besorgt und fordert die
Stadt in einer Pressemitteilung auf, alle Möglichkeiten auszuschöpfen,
um die Demo zu verhindern.
Nicht nur zusehen
Mit Sorge sieht auch Michael Werner die Demo-Pläne.
Heilbronns stellvertretender evangelischer Dekan nennt es "alles andere
als erfreulich", dass die Stadt an dem Tag zum Sammelbecken für Neonazis
und nationalistische Umtriebe werde. Auch die Kirche werde "sicher
nicht nur zusehen".
"Der 1. Mai bleibt rot", schreibt die Revolutionäre Linke Heilbronn auf
ihrer Internetseite. Man werde es nicht zulassen, dass der Kampftag der
Arbeiterklasse "von Nazis vereinnahmt wird". red/cf/Foto: dpa-Archiv