Opposition unter Verdacht

Erstveröffentlicht: 
23.12.2010
Opposition unter Verdacht

Aufgeflogener Polizeispitzel läßt an rechtmäßigem Einsatz verdeckter Ermittler zweifeln

von Joséphine Glenz am 23. Dezember 2010

 

Erst­mals seit 8 Jah­ren ist ein Spit­zel auf­ge­flo­gen, der in Deutsch­land in die linke Szene ein­ge­schleust wurde. 2002 er­öff­ne­te eine Stu­den­tin in Han­no­ver, die es zur Stu­den­ten­spre­che­rin ge­schafft hatte, ihren »Freun­den« ihre Spit­zel­tä­tig­keit. Sie war vom Bun­des­amt für Ver­fas­sungs­schutz ein­ge­setzt wor­den und soll­te die linke Szene vor der Expo aus­spä­hen. Jetzt ist in Hei­del­berg ein Stu­dent mit dem Tarn­na­men Simon Bren­ner auf­ge­flo­gen: Er wurde er­kannt, da er im Ur­laub in Frank­reich er­zähl­te, daß er für die Po­li­zei ar­bei­tet. Rechts­ex­per­ten sehen einen ver­dachts­un­ab­hän­gi­gen Ein­satz von Spit­zel durch das Lan­des­kri­mi­nal­amt als il­le­gal an, da das Tren­nungs­ge­bot von Po­li­zei und Ge­heim­diens­ten nicht be­ach­tet werde. Ziel des Ein­sat­zes soll die Hei­del­ber­ger An­ti­fa ge­we­sen sein, tat­säch­lich wur­den aber Grup­pen wie die Stu­den­ten­or­ga­ni­sa­ti­on der Par­tei Die Linke aus­ge­forscht.

 

Der Ein­satz von V-Leu­ten des Ver­fas­sungs­schut­zes steht auch in an­de­ren Fäl­len in der Kri­tik: So soll der 'Hass­pre­di­ger', der die so ge­nann­te Sau­er­land-Zel­le erst zu ihren Taten ani­mier­te, für den ba­den-würt­tem­ber­gi­schen Ver­fas­sungs­schutz ge­ar­bei­tet haben. Eben­so soll ein jun­ger Mann, der in einem Video mit Ge­walt droh­te für den Fall, dass die ver­hin­der­ten Sau­er­land-At­ten­tä­ter nicht frei ge­las­sen wür­den, von einem V-Mann des saar­län­di­schen Ver­fas­sungs­schutz an­ge­stif­tet wor­den sein.

 

Grund­sätz­lich gilt zu un­ter­schei­den zwi­schen Spit­zeln, die In­for­ma­tio­nen gegen Geld oder durch Er­press­bar­keit lie­fern und sol­chen, die als Mit­ar­bei­ter der Po­li­zei unter fal­scher Iden­ti­tät ein­ge­schleust wer­den. Die Po­li­zei darf ver­deck­te Er­mitt­ler nur bei einem kon­kre­ten Tat­ver­dacht ein­set­zen; aber auch der Ver­fas­sungs­schutz darf le­dig­lich In­for­ma­tio­nen ab­schöp­fen und nicht zu Straf­ta­ten ani­mie­ren. Die be­kannt ge­wor­de­nen Fälle zei­gen deut­lich, daß sich ein­zel­ne Si­cher­heits­or­ga­ne sys­te­ma­tisch nicht an die Ge­set­ze hal­ten.

 

Verweise

Der Simon von der Polizei Frankfurter Rundschau 21.12.2010 von Felix Helbig
Vorsicht, Simon hört mit Spiegel Online 21.12.2010 von Christoph Titz
Der Fall »Simon Brenner« Indymedia Linksunten 15.12.2010
LKA-Spitzeleinsatz gegen linke Szene in Heidelberg aufgedeckt Indymedia Linksunten 14.12.2010
Mehrere Polizei-Spitzel in die Widerstandsbewegung gegen Stuttgart 21 eingeschleust Stuttgart 21 Aktuell 20.12.2010
Die Lügen-Legende der V-Frau Kirsti Weiß Spiegel Online 9.9.2002 von Matthias Gebauer
V-Mann soll Terrorverdächtigen angestiftet haben Spiegel Online 12.11.2010
Terror in den USA: FBI im Zwielicht Hintergrund 10.12.2010 von Sebastian Range