Im Rahmen der Debatte um die Festnahme von Julian Assange wurde und wird seit Wochen über vermeintliche Verschwörungen diskutiert, die sich hinter einer eigentlich harmlosen moralischen Verfehlung des Whistle-Blower-Gurus verbergen soll. Widerlicher Sexismus und frauenfeindliche Äußerungen in Blogs und Foren machen sich breit. In Schweden hat die Debatte um Assange zu einer beispiellosen Thematisierung sexueller Übergriffe und sexueller Grenzverletzung geführt.
Die schwedische Journalistin Johanna Koljonen begann offen über Intimes zu twittern. Ihr folgten vor allem Frauen, die über Grenzerfahrungen und vermeintlich harmlose sexuelle Übergriffe berichteten. Die Debatte sollte auch in Deutschland geführt werden. Jenseits von Definitionsmacht könnte so thematisiert werden, was so oft verschwiegen wird. Hier die Übersetzung des schwedischen Aufrufs.
Manchmal ist es schwer, vielleicht sogar unmöglich, über negative sexuelle Erfahrungen zu reden. Über die Momente, in denen unsere Grenzen verletzt wurden, und wir nichts gesagt haben. Über Augenblicke, in denen wir verletzt haben ohne es zu bemerken. Über Zeiten, in denen wir uns selbst verletzten. Ein ehrliches Gespräch über Sex und Einverständnis zu beginnen ist schrecklich. Die Reaktionen können kalt oder sogar feindselig gegenüber demjenigen ausfallen, der reden möchte. Deshalb halten viele Menschen lieber den Mund und verdrängen ihre Gedanken – aber dies sorgt nicht dafür, dass die Gedanken verschwinden.
Nach einem Gespräch über die Berichterstattung im Fall Assange begann die schwedische Journalistin Johanna Koljonen offen und intim über ihre eigenen Erfahrungen mit der eigenen Grenzziehung und Verhandlung grauer Übergänge in sexuellen Situationen zu twittern. Hunderte folgten Koljonen’s Beispiel und erzählten bei Twitter unter dem Hashtag #praetaomdet (#talkaboutit) über ihre Erlebnisse. Als Ergebnis dieser Tweets veröffentlichten mehrere schwedische Magazine, Zeitungen und andere Medien Beiträge über dieses Thema. Nach einigen Tagen folgten Publikationen in der internationalen Presse, wie zum Beispiel in The Guardian, Die Welt, BBC World Service, Norway’s Dagbladet, Finland’s Helsingin Sanomat und anderen Medien.
Wir brauchen eine Sprache für Sex, die nicht durch Scham erstickt wird. Wir müssen über unsere Grenzen nachdenken, und über die der anderen. Es muß sich etwas verändern. Wir wagen es, darüber zu reden. #Rededrüber!
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Quelle: AKA Berlin