Schluss mit der rassistischen Abschiebepolitik – Freiheit für alle Flüchtlinge und Migrant_innen!

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Aufgrund des Urteils gegen Said W. vom 30.11.2010 fordert der AK Antifa Mannheim erneut die Abschaffung des Abschiebeknastes auf dem Gelände der JVA in Mannheim. Gestern hat das Landgericht den Abschiebehäftling Said W. zu drei Jahren und sieben Monaten Haft verurteilt, weil er für den Brand im Mannheimer Abschiebeknast auf dem Gelände der JVA am 12.5. verantwortlich sein soll. Der Mitangeklagte Abdelhak M. wurde freigesprochen.

 

In der Berichterstattung über das Urteil wird unter anderem auf die von einem „psychiatrischen Gutachter“ festgestellte Impulsivität und Aggressivität Said W.’s sowie auf seine Vorstrafen hingewiesen.

Die politische Dimension des Brandes und des folgenden Gerichtsverfahrens wird dabei vom Gericht und von der Presse vollständig unter den Teppich gekehrt. Die Brandstiftung erscheint so als Folge der Persönlichkeit des Täters, während es in Wahrheit darum geht, dass in Deutschland Menschen hinter Knastmauern sitzen, deren einziges Vergehen ihr Aufenthalt in der BRD ist.

Der seit 1994 bestehende Abschiebeknast in Mannheim – ein nochmals abgetrenntes Containerareal innerhalb der JVA-Mauern – ist der einzige in Baden-Württemberg. Die dort gefangenen Flüchtlinge sind vollständig von der Außenwelt isoliert, ihnen droht jederzeit die Abschiebung. Dabei dienen die deutschen Abschiebeknäste nicht nur der Erleichterung der Abschiebungen, sondern auch der Abschreckung potenzieller Flüchtlinge. Lothar Späth, damals Ministerpräsident, brachte das menschenverachtende und rassistische Kalkül der deutschen Ordnungspolitiker_innen 1982 so zum Ausdruck: „Die Buschtrommeln werden in Afrika signalisieren - kommt nicht nach Baden-Württemberg, dort müßt ihr ins Lager.“ Nach dieser Logik funktioniert der Mannheimer Abschiebeknast knapp 30 Jahre später noch immer. Die Häftlinge befinden sich dabei in einer verzweifelten Situation. Im Fall einer Abschiebung stehen die meisten vor dem Nichts, vielen droht staatliche Verfolgung, Folter und der Tod. Said W. flüchtete aus Marokko nach Deutschland, aus einem Land also, dem der Jahresbericht von Amnesty International regelmäßig die Unterdrückung freier Meinungsäußerung, Polizeigewalt, Folter und Straflosigkeit für die Täter attestiert. Dass es unter solchen Umständen zu Verzweiflungstaten kommt, sollte niemanden verwundern. Auch Said W. sollte bereits einmal nach Marokko abgeschoben werden, er konnte dies durch seine vehemente Gegenwehr verhindern.

Abschiebeknäste sind nur der sichtbarste Teil der Maschinerie des institutionellen Rassismus in Deutschland. Die Beschlüsse der letzten Innenministerkonferenz haben dieses System erneut verschärft. Hier bleiben soll, wer der deutschen Wirtschaft nützt und sich anpasst, alle anderen werden in Abschiebeknästen, Heimen und Lagern isoliert, mit Essenspaketen, durch rassistische Polizeikontrollen und Residenzpflicht diskriminiert und schließlich abgeschoben – zumindest, wenn sie es überhaupt bis nach Deutschland geschafft haben und nicht schon an den ständig weiter militarisierten Grenzen der EU abgefangen wurden oder bei dem Versuch, Europa zu erreichen, ertrunken sind oder ermordet wurden.

Möglich ist das alles nur in einem nach wie vor rassistischen und nationalistischen gesellschaftlichen Klima, in dem auch die Hetze von Thilo Sarrazin gedeihen kann. Dieses Klima entspricht einer Gesellschaft, die ihre Mitglieder nach Nützlichkeitskriterien sortiert und nur diejenigen duldet, deren Arbeitskraft entsprechend der kapitalistischen Profitlogik verwertbar ist. Dass Said W. jetzt für fast vier Jahre in den Knast soll ist also ein Skandal – und zugleich der Normalfall. Deswegen rufen wir alle Mannheimer Organisationen, die sich Antirassismus auf die Fahnen geschrieben haben dazu auf, dieses Urteil nicht unkommentiert zu lassen. Der Abschiebeknast in Mannheim muss endlich geschlossen werden!

AK Antifa Mannheim, 1. Dezember 2010