Schwere Krawalle in Athen

Farbbeutel treffen die Fassade der griechischen Nationalbank. (Foto: REUTERS)
Erstveröffentlicht: 
06.12.2010

Zum zweiten Jahrestag der tödlichen Schüsse auf einen 15-Jährigen kommt es in Griechenland zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Autonomen. Die Sicherheitskräfte werden mit Steinen und Brandsätzen beworfen. Die Athener Innenstadt wird abgesperrt. Die Polizei nimmt derweil sechs mutmaßliche Linksextremisten fest.

 

Nach der Festnahme von sechs mutmaßlichen Linksextremisten unter Terrorverdacht haben sich die griechischen Sicherheitskräfte für neue Krawalle mit Autonomen gerüstet. Grund ist der zweite Jahrestag der tödlichen Polizei-Schüsse auf einen 15-Jährigen. Mehr als 5000 Polizisten waren in Athen im Einsatz, die Innenstadt wurde weiträumig abgesperrt, zahlreiche Ladeninhaber hatten ihre Geschäfte mit Metallgittern verrammelt. Etwa 3000 Studenten marschierten durch das Zentrum der Hauptstadt.

 

Vor den Luxus-Hotels am Syntagma-Platz in der Nähe des Parlamentes kam es zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und rund 500 Demonstranten. Einige von ihnen bewarfen die Polizei und das Gebäude der Bank von Griechenland mit Farbbeuteln, Steinen, Orangen und Flaschen. Bushaltestellen wurden demoliert, Schaufensterscheiben gingen zu Bruch. Die Polizei ging mit Tränengas gegen die Randalier vor. "Die Demonstranten warfen drei Brandsätze", sagte ein Polizeisprecher.

 

Seit Monaten kommt es in Griechenland immer wieder zu Gewalttaten linksautonomer Gruppen. Als Auslöser gilt der Tod des 15-Jährigen im Dezember 2008. Ein Polizist wurde dafür inzwischen wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Nach den Schüssen auf den Jugendlichen waren die schwersten Unruhen in Griechenland seit Jahrzehnten ausgebrochen. Am Tatort legten viele Blumen und Kerzen an einer Marmortafel nieder, auf der steht: "Zum Gedenken an den jungen Alexis, er war erst 15." Für den Abend war eine Mahnwache geplant.

 

Angebliche Verbindungen zu Briefbomben

 

Bei den festgenommenen Terrorverdächtigen handelte es sich um fünf Männer und eine Frau im Alter von 21 bis 30 Jahren, teilte Athens Polizeichef Lefteris Oikonomou am Sonntagabend mit. Zwei der Festgenommenen waren wegen angeblicher Verbindungen zu den Absendern von Briefbomben an europäische Spitzenpolitiker gesucht worden.

 

Allen Beschuldigten wird Mitgliedschaft in einer Terrorvereinigung, unrechtmäßiger Waffenbesitz in besonders schwerem Fall und Sprengstoffbesitz vorgeworfen. Die Verdächtigen waren am Samstag bei Polizeirazzien in Athen, Piräus, der westgriechischen Stadt Agrinio und auf der Insel Kreta festgenommen worden.

 

"Sekte der Revolutionäre"

 

Eine linksextreme Gruppe, die sich "Verschwörung der Feuerzellen" nennt, hatte sich Anfang vergangenen Monats zu einer Reihe von Briefbomben-Sendungen an europäische Politiker bekannt. Eine der insgesamt 14 Briefbomben landete im Berliner Kanzleramt. Das an Kanzlerin Angela Merkel adressierte Paket konnte aber rechtzeitig entschärft werden. Niemand kam zu Schaden.

 

Hinweise, wonach die gefundenen Waffen bei zwei Anschlägen der Gruppe "Sekte der Revolutionäre" auf einen Journalisten und einen Anti-Terrorspezialisten der Polizei verwendet worden seien, hätten sich nach ersten Ermittlungen aber nicht erhärtet, sagte Polizeichef Oikonomou. Alle Beschuldigten hätten bereits unter Polizeibeobachtung gestanden. Zu den Festnahmen habe man sich nun entschlossen, da die Verdächtigen Hinweisen zufolge einen neuen Anschlag planten.