Ulm/Sigmaringen. Das Verwaltungsgericht verhandelt über den Polizeieinsatz zur NPD-Demo am 1. Mai 2009. Bei Redaktionsschluss stand eine Entscheidung noch aus.
Fast 19 Monate liegt der gerichtlich durchgesetzte Aufmarsch der NPD-Jugendorganisation am 1. Mai des vergangenen Jahres in Ulm schon zurück, abgeschlossen ist der Nazi-Auflauf aber noch lange nicht. Zumindest nicht juristisch, denn seit gestern verhandelt das Verwaltungsgericht in Sigmaringen über den Polizeieinsatz, der für reichlich Protest und Kritik gesorgt hatte. Vor allem die Einkesselungen von Nazigegnern und Gegendemonstranten vor dem Hauptbahnhof und in der Sattlergasse stehen im Zentrum der Überprüfung durch die Richter, die klären müssen, ob dieses Vorgehen rechtens war. Bei Redaktionsschluss war noch keine Entscheidung bekannt.
Den Auftakt verschiedener noch ausstehender Verhandlungen machten drei Demonstranten, die in der Sattlergasse den ganzen Tag über bis in den späten Abend hinein festgehalten worden waren. Sie klagen gegen die Einkesselung, die einen unrechtmäßigen Eingriff in ihr grundgesetzlich garantiertes Demonstrationsrecht darstelle. Die Polizei spricht von etwa 300 gewalttätigen Personen, vom so genannten schwarzen Block, von schweren Ausschreitungen und davon, dass sie den ebenfalls angemeldeten DGB-Protestmarsch gegen rechts, der am Weinhof seinen Ausgang nehmen sollte, habe schützen müssen.
Genau an diesem Punkt beginnt die Streitfrage. Der Versammlungsleiter des DGB hatte bislang immer verkündet, dass er die Autonomen zwar nicht an der Spitze seines Zuges habe sehen, sie aber auch nicht gänzlich ausschließen wollen. Das sei weder seine Absicht noch seine Bitte an die Polizei gewesen. Ähnlich hatte sich bislang im Übrigen auch ein Vertreter der Stadtverwaltung als der obersten Polizeibehörde geäußert, der in der Sattlergasse vor Ort gewesen war.
Kritisch scheint auch ein zweiter Punkt in der Verhandlung zu sein. Die Polizeiführung behauptet, dass die Einkesselung in der Sattlergasse nicht nur vom DGB und der Stadt gewollt, sondern durch richterliche Beschlüsse auch abgedeckt gewesen sei. Nach Informationen der SÜDWEST PRESSE haben die namentlich genannten Richter dem Verwaltungsgericht gegenüber aber schriftlich erklärt, die Festsetzung des schwarzen Blocks niemals angeordnet und obendrein nur ganz wenige Personen von der Polizei vorgeführt bekommen zu haben. Immerhin geht es dabei um einen Zeitraum von annähernd zwölf Stunden - von vormittags 11 Uhr bis kurz vor 23 Uhr in der Nacht.
Als Beweise hatte die Polizei bislang selber zusammengestellte Videofilme vorgelegt. In verschiedenen Strafprozessen, in denen die festgehaltenen Demonstranten des Landfriedensbruchs angeklagt waren, vermochten die Richter an Amts- und Landgericht Ulm aber keine Gewalttätigkeiten zu entdecken und sprachen die meisten der Angeklagten rundweg frei.
Im Falle eines 32-jährigen Studenten aus Freiburg, über den diese Zeitung am 2. Juli dieses Jahres berichtete, plädierte in einer Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Ulm sogar der Vertreter der Staatsanwaltschaft auf Freispruch, weil auch er in den von ihm zum ersten Mal gesehenen Filmen keinerlei Beweise für die angeklagte Straftat hatte entdecken können.