Drohnen können fast unbemerkt aus der Luft Fotos schießen - das hat auch die niedersächsische Polizei nutzen wollen. Sie hat beim Castor-Transport mehrmals einen Mini-Flieger eingesetzt. Eine Bürgerinitiative protestiert: Sie vermutet, Demonstranten seien illegal gefilmt worden.
Lüneburg/Hannover - Der Atommüll ist längst im Zwischenlager Gorleben angekommen - doch der Streit über den Castor-Transport ist nicht zu Ende. Nun ist bekannt geworden, dass die niedersächsische Polizei viermal eine Überwachungsdrohne eingesetzt hat, zur Empörung von Anti-Atom-Aktivisten.
Die Polizei spricht von "Drehflüglern", die man in der Luft gehabt habe. Mit ihnen wurden erstmals unbemannte Mini-Flieger bei einem Castor-Transport eingesetzt - offiziellen Angaben zufolge zur Luftaufklärung, Einsatzführung, Beweissicherung und Dokumentation. Die Drohne verfügt über eine Tageslichtkamera und eine Dämmerungskamera. Die Bilder werden in Echtzeit an deren Bodenstation übertragen und können dort aufgezeichnet werden.
Wer oder was genau auf den Fotos zu sehen ist, das sorgt nun für Streit. Die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg kritisiert, die Proteste gegen den Atommüll-Zug seien mit Hilfe der leisen Drohne ausgespäht worden. Dies ist ihrer Auffassung nach rechtlich äußerst problematisch, weil "Fotos und Videoaufnahmen das Persönlichkeitsrecht von Demonstranten verletzen".
Eine Sprecherin der niedersächsischen Polizei entgegnete, es sei noch nicht sicher, ob Menschen abgelichtet worden seien. Nähere Details erfahre man erst am Mittwoch. "Wir gehen davon aus, der Einsatz des Drehflüglers nicht rechtswidrig war", sagte die Sprecherin.
Hitzige Debatte um den leisen Mini-Flieger
Die niedersächsische Mini-Drohne ist seit längerem umstritten. Im Frühjahr löste der damalige Testbetrieb hitzige Debatten aus. Der Datenschutzbeauftragte des Landes, Joachim Wahlbrink, hielt den Einsatz für unzulässig. "Es besteht die Gefahr, dass die Kamera direkt in Wohnungen hineinfilmt", sagte er damals dem NDR. "Das wäre ein verbotener Eingriff in die Privatsphäre." Polizei und Innenministerium in Hannover hätten Sinn und Zweck des Geräts erklären müssen. Wie bei fest installierten Kameras seien solche datenschutzrechtlichen Überprüfungen wichtig. Gegen die Überwachung von Fußballausschreitungen oder großen Demonstrationen hatte der Datenschützer dem Bericht zufolge aber nichts einzuwenden.
Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann musste sich im April zur Sache erklären. Unbemannte Luftfahrzeuge könnten unter anderem zur Aufklärung, Beweissicherung und Dokumentation "sinnvoll sein", sagte der CDU-Politiker - etwa zur Gefahrenabwehr oder Verfolgung von Straftaten.
Dass die Polizei die ferngesteuerte Drohne auch beim Castor-Transport einsetzte, hatte der zuständige Einsatzleiter Friedrich Niehörster zunächst dementiert. Die Polizei in Niedersachsen sagte dazu, er sei unmittelbar nach Einsatzende noch nicht über den Einsatz des Geräts informiert gewesen.