180 Polizisten stoppen Randale in Kreuzberg

Vermummte ziehen durch Kreuzberg, brennen Feuerwerkskörper ab Foto: Christian Mang/imagedeluxe.net
Erstveröffentlicht: 
28.10.2010

Rund 150 linksautonome Demonstranten haben am Mittwochabend in Berlin-Kreuzberg randaliert. Bei einem spontanen Marsch warfen sie Steine auf Polizisten und griffen die Beamten an.

 

Mehr als 180 Polizisten haben schwere Ausschreitungen in Kreuzberg verhindert und 47 Personen vorübergehend festgenommen. Bei dem Einsatz wurde ein Polizist leicht verletzt.

 

Am Mittwochabend gegen 20 Uhr hatten Anwohner des Heinrichplatzes die Polizei gerufen, weil sich dort Angehörige der linken Szene zusammenrotteten. Innerhalb kürzester Zeit wuchs die Gruppe auf etwa 150 Teilnehmer an, gegen 20.15 Uhr setzte sie sich in Richtung Skalitzer Straße in Bewegung. In den ersten Reihen des Aufzuges liefen Vermummte, sie trugen Plakate mit antifaschistischen Parolen und grölten entsprechende Parolen. Zudem zündeten die Maskierten immer wieder Feuerwerkskörper an.

 

Als die Gruppe die Skalitzer Straße erreichte, sammelten mehrere Teilnehmer Steine und Flaschen auf, zerrten Pappe aus Müllcontainern und zündeten sie an. Zudem wurden Bauzäune auf die Straßen gezogen, um Barrikaden zu errichten. Die von der Polizei gerufene Feuerwehr löschte die Brände.

 

Zeitgleich wurde Verstärkung angefordert, die 23. Einsatzhundertschaft wurde von der Leitstelle nach Kreuzberg beordert. Als die Bereitschaftspolizisten wenig später eintrafen und ein weiteres Vorankommen des Aufzuges verhindern wollten, wurden sie von den Demonstranten angegriffen. Anschließend teilten sich die Krawallsuchenden in Kleingruppen auf und entkamen zunächst in die Naunyn-, Mariannen- und Manteuffelstraße. Vereinzelt flogen dabei auch Steine und Flaschen.

 

Wenig später kam die Meldung, dass sich erneut etwa 70 Personen auf dem Heinrichplatz versammelt hatten. Die insgesamt 180 Beamten konnten die Gruppe am neuerlichen Loslaufen hindern. 47 Personen – zwölf Frauen und 35 Männer – wurden vorübergehend festgesetzt, um ihre Personalien zu überprüfen. Bei der Kontrolle eines weiteren Mannes stellten die Polizisten fest, dass gegen ihn ein noch offener Haftbefehl wegen schweren Landfriedensbruchs besteht. Gegen 23.30 Uhr wurde der Einsatz von der Polizei offiziell als beendet erklärt. Die Beamten schrieben Strafanzeigen wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung sowie wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. Ein Einsatzbeamter hatte sich bei einem Gerangel an der Hand verletzt, konnte allerdings im Dienst bleiben.

 

In Polizeikreisen wird davon ausgegangen, dass die Spontandemonstration mit einem offensichtlich politisch motivierten Zwischenfall zu tun hat, der sich in den frühen Morgenstunden des Mittwochs ereignet hat. Da hatten Unbekannte einen Brandanschlag auf einen linksalternativen Laden an der Manteuffelstraße verübt. Zu den Tätern gibt es bislang keine Hinweise, der Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen.

 

GEWALTDEBATTE IN DER SZENE

 

Aus Ermittlerkreisen verlautete, dass die Härte, mit der sich rechte und linke Extremisten bekämpfen, zunimmt. Früher noch hatte die linke Szene Gewalt gegen Polizisten und Sachen zwar gebilligt, Gewalt gegen andere Menschen aber abgelehnt. Obwohl diese Militanzdebatte immer noch geführt wird, hat sich in der linken Szene weitgehend die Ansicht durchgesetzt, gegen klassische Feindbilder, zu denen vor allem Rechtsextremisten zählen, sei die Anwendung von Gewalt legitim.

 

Nach Angaben eines Ermittlers würden beide Seiten bei einem Zusammentreffen nicht auf ein ausgewogenes Kräfteverhältnis achten. „Egal ob Linke oder Rechte, man geht auch mit mehreren Personen auf einen Einzelnen los. Die Gewaltbereitschaft nimmt zu, und auch auf am Boden liegende Menschen wird eingeschlagen und getreten.“ Polizisten sehen diese Entwicklung mit großer Sorge „Sollte jemals ein Angehöriger egal welchen Lagers schwer oder gar tödlich verletzt werden, könnte die Gewalt eskalieren. In jedem Fall wird die Polizei dazwischen gehen müssen und wird dabei selbst Ziel von Hass und körperlichen Angriffen.“